Hund leckt Wunde nach OP was tun

18.02.2019, 09:48 Uhr 6 Min. Lesezeit

Eine Beißerei, die Glasscherbe auf dem Gehweg oder ein Missverständnis beim Laufen am Fahrrad: Schrammen und Wunden gehören zum Hundeleben. Doch was hilft bei der Wundheilung?

Viele Wunden sehen harmlos aus, haben es jedoch in sich. Bissverletzungen, besonders Katzenbisse hinterlassen wenige Millimeter große Stanzlöcher in der Haut von Hunden. Was zunächst wenig Besorgnis erregt, kann in der Tiefe zu übel riechenden eitrigen Infektionen führen. Denn mit dem Biss gelangen Keime aus dem Katzenmaul unter die Hundehaut. Auch Stichverletzungen, beispielsweise nach dem misslungenen Sprung über den Stacheldraht oder durch Holzsplitter, Grannen und Dornen, können tiefere Strukturen betreffen. Nicht selten schiebt sich dabei ein Fremdkörper unter die Haut. Neben der Säuberung und Desinfektion der Wunde benötigt der Malträtierte nicht selten ein Antibiotikum – das ist ein Grund, warum Biss- und Stichwunden einem Tierarzt vorgestellt werden sollten. Medizinische Versorgung ist auch bei Schnittwunden gefragt, erst recht und unverzüglich wenn der Hund stark blutet und die Blutung nach etwa zehn Minuten nicht aufhört.

Wie wird ärztlich versorgt?

Eine gründliche Wundbehandlung ist meist nur in Narkose möglich. Schon das Säubern, Scheren und Desinfizieren ist für manche Hunde ohne Schlafspritze schwer auszuhalten. Der Tierarzt spült die Wunde, desinfiziert, verschafft sich einen Überblick über das Ausmaß und entfernt Fremdkörper. Innerhalb von sechs Stunden nach dem Unfall kann eine Wunde unkompliziert genäht werden. Die Fäden werden meist nach etwa zehn Tagen gezogen. Manche Praxen benutzen selbstauflösende Fäden, bei denen der Teil des Fadens, der unter der Haut liegt, vom Körper zersetzt wird und der äußere Faden anschließend von allein abfällt.

Infizierte Wunden werden dagegen nicht geschlossen, sie bleiben offen und Patient sowie Besitzer müssen geduldig darauf warten, dass das Gewebe langsam vom Wundrand über die verletzte Haut wächst. Tierärzte bezeichnen das im Fachjargon als sekundäre Wundheilung. Sämtliches infiziertes Gewebe wird aus der Wunde entfernt, damit es die Heilung nicht stört.

Hunde wie Menschen können an Tetanus, dem Wundstarrkrampf, erkranken. Das Bakterium Clostridium tetani, der Erreger des Wundstarrkrampfs, fühlt sich besonders in tiefen Stichverletzungen in sauerstoffarmer Umgebung wohl. Es produziert ein Nervengift, das Tage oder Wochen nach der Verletzung zu furchtbaren Krampfanfällen führen kann. Eine Tetanusinfektion ist bei Hunden jedoch, anders als beim Menschen, äußerst selten. Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen will, kann seinen Hund gegen Tetanus impfen lassen. Wichtiger ist jedoch gerade bei Bissvorfällen mit Wildtieren ein vorhandener Impfschutz gegen Tollwut. Denn geraten ungeimpfte Hunde unter Tollwutverdacht, müssen sie unter Quarantäne gestellt werden. Jede Wundversorgung endet mit einer sorgfältigen Abdeckung der Wunde.

Verbinden oder offen lassen?

Pflaster oder trockene Verbände haben ausgedient. Bis heute meint man zu wissen, dass Wunden am besten an der Luft heilen, doch nach tiermedizinischer Forschung trifft das Gegenteil zu: Ein feuchtes Wundklima bietet optimale Bedingungen für schnelles Abheilen und sorgt außerdem dafür, dass sich kein Wundschorf bildet. Damit wird auch das Risiko von ausgeprägter Narbenbildung gesenkt. Moderne Verbandstoffe schließen die Wunde luftdicht ab, Wundgele sorgen für ein günstiges Mikroklima, in dem die Hautzellen optimal ihrem regenerierenden Job nachkommen können.

Feuchte Verbände müssen nicht täglich gewechselt werden und reduzieren für den Verletzten somit den schmerzhaften Eingriff. Man versucht heute, den natürlichen Heilungsprozess so wenig wie möglich zu stören. Auf lokale antibiotische Salben wird weitgehend verzichtet. Wenn wie bei einer Bissverletzung Antibiotika nötig sind, werden sie per Spritze oder als Tablette verabreicht. In der Wunde verursachen sie nur unnötige Irritationen und Resistenzen.

Im Mikrokosmos der Hautzellen hinterlässt jede Verletzung ein Schlachtfeld: zerstörtes Gewebe, zerfetzte Blutgefäße und Nervenfasern, Blut strömt aus. Doch schon nach kurzer Zeit ziehen sich die Blutgefäße zusammen, die Blutung nimmt ab.

THROMBOZYTEN eilen herbei. Das sind Zellen, die auf die Blutgerinnung gerichtet sind. Sie formen mit ihren Zellkörpern ein Blutgerinnsel, das die Gefäße verschließt und die Wundhöhle ausfüllt. Anfangs wird das Blutgerinnsel durch ein Netz aus klebrigen Fasern, dem Fibrin, verstärkt. Etwa zehn Minuten nach der Verletzung ist die Blutung gestoppt, die Wundhöhle mit geronnenem Blut gefüllt und abgedichtet. Das Fibrinnetz zieht sich zusammen, sodass sich die Wundränder annähern.

FRESSZELLEN wandern jetzt aus den Blutgefäßen zum Unfallort und entfernen tote Zellen, geronnenes Blut und Keime aus der Wunde, indem sie alles einfach verschlucken. Aus der Wunde tritt jetzt Wundwasser aus, das ist ganz normal. Wenn es an der Oberfläche verklebt, entsteht der Wundschorf. Die Wunde ist jetzt stark durchblutet und empfindlich, die Stoffwechselvorgänge laufen auf Hochtouren.

SCHMERZ verhindert eine zu starke Belastung des Wundgebiets. Schon nach einigen Stunden beginnen neue Gefäße in die Wunde einzuwachsen. Sie versorgen das Wundgebiet mit Sauerstoff. Von den Wundrändern her bilden Fibroblasten Bindegewebsfasern aus, in die sich weitere Zellen einlagern. Es entsteht das gekörnte Granulationsgewebe einer mehrere Tage alten Wunde. Das Leck in der Haut wird von unten her aufgefüllt. Am Schluss bildet sich auf der Oberfläche die neue äußere Hautschicht. Von der Wunde ist nur noch ein weißer Strich übrig, die Narbe. Sie ist weiß, besteht ausschließlich aus Bindegewebe. Blutgefäße, Haare und Nervenfasern fehlen ihr.

Das Leid mit dem Lecken

Hat sich die Aufregung gelegt und liegt der Hund nach dem Praxisbesuch wieder zufrieden im Körbchen, beginnt die eigentliche Herausforderung für den Besitzer. Denn Hunde haben den sprichwörtlichen Drang, sich ihre Wunden zu lecken. Schließlich schmerzt und juckt die Wunde. Verursacht wird der störende Juckreiz von verschiedenen Stoffen wie dem Histamin, die während der Reparaturarbeit der Zellen ausgeschüttet werden. Einen wirklichen Sinn hat dieser Juckreiz allerdings nicht, er scheint ein Nebenprodukt der Evolution zu sein. Der Hundehalter tut dennoch gut daran, sein Tier davon abzuhalten, den feuchten Wundverband mit den Zähnen von der Wunde zu reißen oder das Gel abzuschlecken. Gegen den Wundschmerz verordnen Tierärzte Schmerzmittel.

Eine neuere Studie ergab, dass bestimmte Stoffe im Speichel die Wundheilung fördern, dennoch sind die überwiegenden Effekte des Leckens eher negativ. Die Hundezunge ist mit unzähligen Keimen besiedelt und infiziert die gereinigte und desinfizierte Wunde immer wieder. Manche Wunden entstehen sogar erst durch beständiges Lecken und Beißen der Haut! Die beste Methode, Bellos Zunge im Zaum zu halten, ist die Halskrause. Mittlerweile hält der Fachhandel bessere Modelle bereit als die früher üblichen Plastiktrichter, mit denen Hunde in der gesamten Wohnung gegen Türrahmen wie Stuhlbeine schlagen und die Gläser vom Couchtisch räumen. Beim Tierarzt gibt es weiche, aufblasbare Manschetten, die den Hals unbeweglich machen und den Aktionsradius der Zunge auf ein Minimum beschränken. Fragen Sie danach.

Will die Wunde nicht heilen

In einigen Fällen sehen Wunden in der Hundehaut nach Monaten, manchmal sogar nach Jahren und trotz größter Geduld seitens der Hunde und ihrer Halter nicht besser aus als am Tag der Verwundung. Oft sehen sie sogar schlimmer aus, weil sich das Gewebe infiziert hat oder abgestorben ist. Solche Wundheilungsstörungen haben- bei Hunden und Katzen in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, berichten Experten. Tierärzte registrieren offenbar immer- häufiger Fälle, bei denen chronische Wunden Hund und Halter über Monate beschäftigen. Eine Ursache hierfür sind multiresistente Keime, die zu einer chronischen Infektion führen und so die normale Wundheilung behindern.

MRSA, in der Fachsprache die Abkürzung für das methicillin-resistente Staphylococcus aureus, ist ein solches hoch resistentes Bakterium, das in Krankenhäusern und auch in Tierkliniken auftaucht, also überall dort, wo viele Antibiotika eingesetzt werden. Der sorglose Umgang mit Antibiotika lässt die Erreger, gegen die offenbar kein Kraut gewachsen ist, entstehen. Die Ursache für verzögerte Wundheilung kann aber auch mangelnde Ruhigstellung oder stete Spannung auf das Wundgebiet sein.

Schürfwunden sind oberflächliche Verletzungen der Haut, sie sehen oft schlimm aus, heilen jedoch relativ schnell. Behandlung: Mit Leitungswasser auswaschen, Steinchen, Splitter oder Ähnliches mit einer desinfizierten Pinzette entfernen. Die Wunde nach Möglichkeit nicht berühren oder sauber wischen. Keine Mullkompressen auf Schürfwunden setzen, denn sie verkleben mit der Wunde und reißen neugebildete Epithelzellen wieder ab, sobald sie entfernt werden. Besser ist es, Wundgele aufzubringen, die die feuchte Wundheilung unterstützen. Bei allen Wunden muss das Fell um die Wunde herum weggeschnitten werden, dabei darauf achten, dass die abgeschnittenen Haare nicht in der Wunde landen.

Bei Schnittwunden werden meist auch tiefere Schichten und Blutgefäße verletzt. Durch die Blutung werden die Keime aus der Wunde gespült, deshalb ist hier eine Desinfektion nicht immer zwingend notwendig. Die Blutung sollte man zunächst mit einem Druckverband oder durch Druck auf die Wunde stoppen. Dazu wird eine Mullkompresse oder ein sauberes Tuch auf die Wunde gelegt und fest angedrückt oder mit einer Mullbinde stramm umwickelt. Blutet es weiter, ist es sinnvoll, einen zweiten Verband über den ersten zu legen. Blutet es immer noch, kann die zuführende Arterie abgebunden werden, der Vierbeiner muss dann so schnell wie möglich zum Tierarzt gebracht werden. Schnittwunden können in den ersten sechs Stunden nach dem Unfall genäht werden. Verletzungen am Ballen werden meist nicht genäht, sondern sie heilen offen.

Platzwunden sind die Folge eines Schlags. Sie entstehen vor allem dort, wo die Haut ungepolstert auf dem Knochen liegt. Auch hier ist die Infektionsgefahr eher gering, da die Blutung die Keime aus der Wunde befördert. Die Wundränder sind meist ausgefranst, Platzwunden müssen oft genäht werden.

Stichwunden schließen sich schnell und es kommt nicht zu größeren Blutungen. Allerdings kann ein Fremdkörper wie ein Dorn oder Holzsplitter in der Wunde stecken. Infektionserreger, die in die Wunde eingedrungen sind, können sich im sauerstoffarmen Milieu wunderbar vermehren. In sehr seltenen Fällen können solche Wunden eine Eintrittstelle für den Tetanuserreger sein. Erstmaßnahmen: die Stichwunde auf Fremdkörper kontrollieren, auswaschen und desinfizieren.

Bei Bisswunden ist die Infektionsgefahr besonders hoch, denn im Speichel und auf den Zähnen tummeln sich Bakterien. Eine tierärztliche Behandlung ist bei Bissverletzungen unerlässlich, auch wenn nur kleine Löcher durch den Biss entstanden sind. Der Veterinär reinigt und desinfiziert die Wunde und verordnet dem gebissenen Tier ein Antibiotikum.

Verbrennungen sollten schnellstmöglich mit kühlem Wasser zehn bis zwanzig Minuten lang gespült werden, um weitere Hautschäden zu vermeiden. Keine Salben oder Cremes auftragen, sie schädigen die Haut und erhöhen das Infektionsrisiko, besser sind wasserlösliches Gel und Verband. Bei Verbrennungen ersten Grades innerhalb eines Tages zum Tierarzt, bei Verbrennungen zweiten und dritten Grades sofort zum Veterinär.

Wundheilungsstörungen sind oft die Folge von Grundkrankheiten, die zu einer schlechten Versorgung des Wundgebiets mit Sauerstoff führen. Das ist bei Diabetes mellitus der Fall. Auch bei älteren Hunden ist die Haut weniger gut durchblutet, damit sind Reparaturmechanismen verlangsamt. Ein geschwächtes Immunsystem oder bestimmte Medikamente haben ebenfalls Einfluss auf die gesunde Wundheilung. Für die Tierhalter heißt das, über Monate salben, spülen und Verbände wechseln. Nicht selten werden wiederholte chirurgische Eingriffe nötig.

Neuerdings werden Laser oder sogenannte kalte Plasmen eingesetzt, um die Wundheilung anzuregen (siehe Fotos). Ein Plasma ist ein hoch energetisches Gas, das mit Ionen und Elektronen aufgeladen ist. Es stimuliert die Zellen in der Wunde, tötet Keime ab und kurbelt so die Wundheilung an. Der Tierarzt fährt dafür mit einer kalten Flamme mäanderförmig über die Wunde. Das tut dem Tier nicht weh, dauert wenige Minuten und hat keinerlei Nebenwirkungen. Die Behandlung wird zweimal in der Woche durchgeführt. Ähnliche Effekte hat die Therapie mit einem Softlaser, der den Stoffwechsel der Hautzellen anregt und die Durchblutung des Wundgebiets verbessert.

Wo Haut transplantiert wird

Sehr große Hautdefekte sehen Tierärzte vor allem nach Verkehrsunfällen oder Verbrennungen. Großflächige Hautabschürfungen entstehen, wenn angefahrene Hunde über Asphalt oder Schotter geschleudert werden. Die bei Hunden registrierten Verbrennungen werden überwiegend durch den Kontakt mit Chemikalien oder durch herabtropfende heiße Flüssigkeiten verursacht.

Bei großflächigen Wunden fehlt es an Hundehaut, um die Wunde zu verschließen. Eine offene Heilung braucht viel Zeit, und es kommt nicht selten zu Komplikationen. Hier können Hauttransplantationen helfen. Der Tierarzt verwendet dazu körpereigene Haut, die er zuvor an einer anderen Körperstelle entnimmt. Meist wird sie seitlich an der Brustwand gewonnen, wo die Haut locker und leicht verschiebbar anliegt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, selbst das Fell wächst auf der verpflanzten Haut nach.