Kann man mit 18 machen was man will

Try the new Google Books

Check out the new look and enjoy easier access to your favorite features

Page 2

Try the new Google Books

Check out the new look and enjoy easier access to your favorite features

Page 2

bringen. Trajan wünscht, er möge es möglich machen, dem Aurelius Verzeihung schenken zu können, damit endet der Aufzug.

Der Sauptinhalt reducirt fich also auf die Unterfertigung des Todesurtheils und den Versuch Valer's denselben rüdgängig zu machen. Sieht man nun, welche dramatische Kämpfe hier fich nach diefer oder jener Seite ergeben, so findet man jenen Trajan's bei der Unterzeichnung und jenen bei der Bitte Valer's, denn weiter ist wohl weniges zu entdecken. Die erste Scene dieses Aufzugs möchte wohl, obgleich fte der Dichter selbst durch die Worte, die er in Albinas Munde legt, zu entschuldigen sucht, dennoch nicht leicht zu begründen sein. Wenn Flavia in den früheren Aften vorgeführt wird, um bei Trajan um Strafe für den Thäter zu fleben, so läßt fich das noch natürlich finden; allein hier ist es ein andere8. Wenn man auch zugibt, und das war wohl der Hauptgrund, warum diese Scene entworfen wurde, daß es dem Dichter daran gelegen war, jene bereits gerügte Härte in dem Charakter der Flavia, wie ste uns in der vierten und theilweise in der dritten Scene des zweiten Aufzuges entgegentritt, zu mildern, und sie so mehr als momentane hinzustellen, so bleibt doch nicht recht abzusehen, wenn man auch ihren Wunsch, Gewißheit über das Schidsal des Aurel zu erfahren, anerkennt, warum fte hier erscheint. Die Faltung des Paulus entspricht seiner früheren, nur scheint es doch etwas sonderbar, wenn er sagt:

„Warum verweilte man, da schon Aurel's Berbrechen Enthüllt am Tage liegt? Da schon ganz Rom vereint

Mit billiger Ungeduld darauf zu drängen scheint.“ und kurz darauf:

Dieses ist der trauervolle Schluß,
Den man mit Recht bellagt und doch vollziehen muß ; Rein menschenfreundlich Herz (zählt Rom gleich wenig deren),

Kaun beim Geschid Aurels des Mitleide fich erwehren.“ Das Gleiche gilt von dem, was er auf Flavia's Bemerkung, daß ihr Vater den Aurelius vertrete, antwortet:

,,Des Raisers Beispiel ideint auf Irrweg' ihn zu ziehen.“ Eben so ist es befremdend, wenn er von Trajan sagt:

„Schon wartet er auf mich, das Urtheil zu beschließen,

Das er ohne Aufschub heuť noch will vollzogen wissen.“ was noch mehr auffällt, da im vierten Auftritte Trajan selbst kommt. Das schon früher gerügte Unwahre und Unnatürliche in der Haltung des Paulus und Maximinus zeigt fich auch hier; wenn z. B. ersterer fich erkundigt, wie ihre Genossen gestimmt seien, und legterer entgegnet:

Insgesammt Wie Herzen, die dein Muth und Brutus Geist entflammt,

Nur wünschten Alle fich Aurelen's Tod zu wissen.“ Was nun den Kampf Trajan's vor der Unterzeichnung betrifft, so kann man, wenn man auf die Erzähs lung, welche Paulus von dem Betragen des Aurelius vor Gericht hier mittheilt, reflectirt, dennoch nicht umhin, dieses beständige Schwanken Trajan's zu rügen. Freilich ranft fich und ein Entschluß nur allmålig los, und vom ersten Gedanken bis zur Fleisdwerdung des Entschlusses liegen viele Rüdfälle. Allein hören wir doch den Dichter selbst. Als Trajan auftritt, sagt er:

„Sprich wirst du meinen Gram vermindern oder mehren ?ferner als Paulus zögert zu antworten, muntert er ihn auf:

Leg* deinen Rummer ab Sprich frei! du findest mich zu utem vorbereitet.“

Page 3

Grund mit, warum Aurelius den Valerius getödtet babe, da der Vater Balerius fich selbst in das zusammengeschaarte Volt gedrängt, sein Geheimniß geoffenbart und Alle zur Rache gegen den Frevler Mariminus aufgefordert habe, der endlich vom Voffe auch getödtet worden sei. Nun kommen Valering, Flavia und Albina, gleichzeitig entfernt sich aber Sura. Valerius überreicht dag aus der ersten Scene befannte Blatt, Aurelius wiederholt feine gestellte Bitte und Valerius spricht hierauf von der Verbannung, die ihm und den Seinigen bevorstehe. Trajan weist die Sorge zurüc, preist die Tugenden so ver

, schiedener Art, wie sie hier fich zeigten und zerreißt das ihm überreichte Papier. Da fommt endlich Paulus auch zum Worte und nennt sich einen Mitschuldigen. Trajan erstaunt und Paulus ersticht fich. Trajan spricht nun von dem oft genannten Zug nach dem Euphrat, wünscht aber früber noch das Bundniß zwijchen Aurelius und Flavia vollzogen. Da fommt Sura, meldet die Reue des Volfes und so endet das Ganze.

Daß wir hier durch all die Nachrichten, die wir von außen erhalten, so wie insbesondere durch die Bemerkungen über die Bürger Roms nicht besonders interessirt werden, daß somit in dieser Beziehung die Theilnahme wegfällt, ist wohl klar, da wir von der Wahrheit dieser bloß gemachten deußerungen nirgends überzeugt werden. Daß aber die Haltung Trajans, wenn sie mehr objectiv wäre, recht Ichön sei, wenn er z. B. dem Paulus, gerade dem Paulus, entgegnet:

„Ich brauche nicht den Blick der Meinigen zu flieh'n!" ist nicht zu läugnen, allein daß es wieder zu weit gegangen ist und beinahe dem eben hervorgehobenen Zuge widerstreitet, fühlt wohl jeder, wenn Trajan furz darauf zu Aurelius sagt:

„Bestimm, um welchen Preis erfüllst du mein Begehren ?". Dieses fortwährende Umidjlagen von einem Extreme zum andern scheint, wie schon bemerft wurde, von unserem Dichter absidytlich wiederholt gewählt zu sein, allein ob dieses wie z. B. an der Stelle, wo Trajan wieder sagt: „Unglüdlicher, so stirb“, hinlänglich gerechtfertigt sein möchte, bleibt wohl erst zu entdeiden.

Die Erzählung, welche ung Sura über die That des Valerius bringt, ist, einzelne sprachliche Verstöße abgerechnet, ziemlich lebhaft und gelungen. Warum übrigens gerade nur der feige Mariminus als der Frevler genannt wurde, zumal doch, nach dem uns Geschilderten, Paulus mit weit größerem . Rechte diesen Namen verdient, erklärt sich wohl aus dem Stücke nicht, wenn man nicht etwa jagen will, weil der Dichter doch die Mitgenossenschaft auch an Marimius bestraft haben wollte, der sich eben nicht wie Paulus auf der Bühne befindet und sich daber nicht freilich auch wegen seiner Feigheit – selbst :

das Leben nehmen kann. Ich will bei den leßten zwei Scenen nicht länger verweilen, denn mit Ausnahme der Entdeckung ist eben nichts Bedeutendes mehr darin enthalten. Dh es übrigens dem Zuseher glaublich erscheint, daß nach all den Vorgängen und der geschilderten Milde Trajan's Valerius wiederholt von der Verbannung spricht, denk ich faum. Eben so bezweifle id), ob es in dem uns hingestellten Charakter des Paulus gelegen, d. h. menschlich wahr gelegen sei, plößlich sich aus Reue selbst zu erstechen, und ob ihm der Dichter nicht biedurch einen Zug ertheilt, der mit seiner frühern Saltung im Wider: spruche steht.

Daß Trajan verzeiht, liegt natürlich in dem bereits Geschilderten ganz begründet und stimmt vollfommen damit überein, und wenn derselbe sagt:

„Nicht was der Zufall gibt, Nang, Titel oder Blut

Durch ihre Thaten sind die Menschen bös und gut.“ so will ich hiemit als einem Saße, der dem Dichter gleichsam der leitende im Stüd war, schließen.

Das Trauerspiel „Antiopem fam 1772 fünfactig zur Aufführung, erfuhr aber später eine Veränderung, die, wie der Dichter selbst in einer Vorrede von 1787 sagt, darin bestand, daß er die getadelte allzu blutige Katastrophe modificirte und biedurch die zwei früheren lebten Acte in einen verschmolz.

Page 4

In der fünften Scene schildert nun Antiope noch mehr ihren Gram, Zethus stellt sich erweidit und begehrt in diesem Augenbliđe ihre Hand und ihre Ent cheidung. Sie weigert sich und Zetbus spricht zur Wade:

„Sogleich wird Epopeus getödtet? Da entschließt sich Antiope und spridot:

„Wohlan! du fiegest Herr! nur gib erst Inach's Thron Dem (popeus zurück und räume Sicyon,

So wird dein Wunsch erfüllt – ich ehre dich als Gatten." Da fommen Epopeus, Iphicrates, Narbas und Bürger und Zethus eröffnet vem ersten sein der Antiope gegebenes Versprechen, ihm das Reich zu belaffen und sagt:

„Umarme mich als Freund ! Da dieser staunt, und ihm Zethus den Entschluß der Antiope eröffnet, wird dieser durch Damerus abge: rufen und geht mit dem Befehle, die Versammelten wohl zu bewachen, ab.

Ich habe bereits bemerkt, wie der Verfasser so gerne Extreme unmittelbar fich berühren läßt; dies tritt aber faum irgendwo greller als hier hervor. Ich will recht gerne zugeben, daß es dem Dichter darum zu thun war, den Charakter der Antiope zu heben und Mitleid und Furcht für sie zu erweden, allein wenn man dies auch Alles annimmt, so ist es denn doch zu viel, wenn Zethus so alles rein menschlichen Gefühles beraubt hingestellt wird, daß er in diesem Augenblicke die Entscheidung von ihr verlangt (ein Vergleich mit Shakespeare's Richard dem Dritten würde hier nichts widerlegen) und als sie sich weigert, den Todesbefehl ertheilt. Als sie ferner ihre Lage auseinander seßt, sagt er:

Nein! auch mir ist Wohlstand Pflicht.

Jeft forder' ich nur dein Wort Soll diese feine Distinction etwa das Gerügte heben, abgesehen davon, daß es ziemlich unnatürlich klingt, wenn Zethus nach seiner bisherigen Haltung vom „Wohlstande" (hier gleidybedeutend mit Anstand) spricht. Eben so unnatürlich ist es, wenn Zethus dann begehrt, Epopeus möge ihn als Freund umar. men. Daß Zethus dann, nachdem der berbeigefommene Damerus ihm einige Worte zuflüsterte, abgeht und fie Alle allein laßt, ist ein dürftiger Nothbehelf; auch klingt es hödöst prosaisch, wenn er abgebend bemerft :

(in flein Geschäft ruft mich von hier Es wird nun noch deutlicher, daß die ganze Erscheinung des Zethus eine höchst unerquicfliche sei, denn er betritt nicht mehr die Bühne und wir erfahren blog später, daß er tapfer fechtend gefallen sei. Ob dies nach dem Vorausgegangenen ibn uns näher rückt und ob der Dichter gut gethan, ihn so umfommen zu lassen, möchte zu bezweifeln sein.

In der folgenden siebenten Scene wird Epopeus sarkastisch gegen Antiope und diese eröffnet ihm endlich, daß nur ,,ein Wort“ ihr erzwungen worden, zieht einen Dold) und verspricht, sich am Altare zu morden, sobald Zethus seine Bedingung bezüglich des Epopeus erfüllt habe. Da ruft Epopeus:

„ Şimmel! welch' ein Herz ! entjeplicher Verdacht!"
und Antiope verzeiht. Allein auch Epopeus will nicht an Edelmuth zurücksteben:

„Lebe noch nach mir, statt des, den du geliebt Für jenen Glüdlichern, den dir das Schicksal gibt! Jit jept sein Wandel nicht geschickt dein Herz zu rühren,

Dein Reiz, des Beispiels Kraft wird ihn zur Tugend führen.“ Antiope weist dies zurüd, Epopeus greift nach ihrem Dolche; allein Iphicrates hindert ihn und meint, es sei noch immer einige Hoffnung, denn Zethus liebe eigentlich mehr das Königreich der Antiope als fie selbst; vielleicht werde er sich, wenn jenes ihm überlafsen würde, damit begnügen. Auch Antiope fiebt bierin einige Hoffnung und ist gerne dazu bereit. Seben wir auch hier von dem mißlichen Umstande ab,

Page 5

K. K. Direktor:

Wochentliche Lehrstunden Wilhelm Podlaha, lehrte lateinische Sprache in der 8. Klasse und böhmische Sprache für freiwillige Spüler.

8 K. K. Gymnasiallehrer : Johann Auer, lehrte die griechische Sprache im Obergymnasium

16 Jobann Franf, lehrte Geschichte und Geographie in den oberen 6 Klassen

18 Karl Berlinger, Katechet und Exhortator im Obergymnasium, lehrte die Religion in allen Klassen

16 Josef Windisch. Exhortatur im Untergymnasium, lehrte deutsche Sprache in der 3., 5. und 6. Klasse, griechische Sprache in der 3. und Geographie in der 1. Klasse

16 Georg Hinterlechner, lehrte lateinische Sprade in der 1. und 2., deutsche Sprache in der 1. Klasse.

20 Konrad Böbm, lehrte lateinische Sprache in der 3. und 4., deutsch Sprache in der 2. und 4. Klasse

18 Alois Poforny, lehrte im 1. Semester Naturgeschichte in der 1., 2., 3., 5. und 6. Klasse

im 2. Semester Naturgeschichte in der 1., 2. und 5., und Naturlehre in der 3. Klasse August Gernerth, lehrte Mathematif in den oberen 5 Klassen

16 Dr. Karl Bernd, lehrte lateinische Sprache in der 5. und 6., deutsche Sprache in der 7. und 8. Klasse .

17 Anton Kloß, lehrte im 1. Semester lateinische Sprache in der 7., griedjische Sprache in der 4., Gesdichte in der 2. Klasse

(13 im 2. Semester überdieß lateinische Sprache und Propädeutik in der 8. Klasse

19 Dr. Johann Jordan war beurlaubt.

Supplirende Lehrer: Dr. Hermann Pid, approbirter Gymnasiallehrer für die Naturwissenschaften, lehrte im 1. Se-

mester die Naturlehre in der 4., 7. und 8. Klasse

im 2. Semester überdieß Naturlehre in der 6. Klasse Jobann v. Bilinski, Lehramtskandidat, lehrte Mathematif in der 1. und 2. Klasse

6

Page 6

Lateinische Sprache. 2 Stunden Grammatik. Casuslehre und Anhang vom Gebrauche der Adjektiva, Zahlwörter und Pronomina. Nadh Putsche's lateinischer Grammatif.

3 Stunden Cornelius Nepos.

Alle Wochen eine häusliche, alle 14 Tage eine Schulaufgabe. Wöchentlich 5 St. K. Böhm. Griechische Sprache. Regelmäßige Formenlehre mit Ausschluß der Verben in ui. Anwendung der Ac

ccate im Lesen wie im Schreiben. Uebersebungen aus dem Griechischen und in das Griechische, mit Memoriren der Bofabeln.

Elementargrammatik der griechischen Sprache, von Dr. R. Kühner. Alle 14 Tage eine Haus-, alle 4 Wochen eine Schulaufgabe. Wöchentlich 5 Stunden.

I. Windifch. Deutsche Sprache. 2 Stunden Lektüre. Bei Anlaß der Leseftüde grammatische, fachliche und stilistische

Erklärungen. Vortrag von memorirten Gedichten und prosaischen Auffäßen. - 1 Stunde Auffäße. Wiedergeben des Gelesenen, Auffinden des Gedankenstoffes, Beschreibungen und Erzählungen mit: telft Reprodukzion, abgekürzte Darstellungen, Erweiterungen, Paraphrasen, Umformungen frei in der Wahl der Worte und Saßformen, Uebertragungen in das Deutsdhe.

Deutsches Lesebuch für die unteren Klassen der Gymnasten von J. Mozart, 3. Band, 2. Auflage, Wien 1850.

Alle 14 Tage ein Aufsaß als häusliche Arbeit, alle 4 Wochen als Schularbeit. Wöchentlich 3 Stunden

• I. Windisc. Geschichte und Geographie. Vom Untergange des weströmischen Reiches bis zum westphälischen Frie

den. Geographie der entsprechenden Länder. Nad Püß. Wöchentlich 3 Stunden 3. Franf. Mathematik. Arithmetif: Anwendung der Proportionen zur Lösung von Aufgaben; die 4 Rechnungs

arten mit allgemeinen Zahlen; Quadrat- und Kubifwurzeln aus defadischen Zahlen und aus algebraischen Ausdrücken. Mit Benübung von Beis's Beispielsammlung, 5. Auflage, Köln 1850. Geometrie: Reguläre Vielede, Aehnlichkeit und Messung der ebenen Figuren. Nach Ebenfper: ger's Formenlehre, Nürnberg 1850. Wöchentlich 3 Stunden

A. Gernerth. Naturwissenschaft. 1. Semester: Mineralogie nach F. Zippe's Naturgeschichte, Wien 1850. - 2. Se

mester : Allgemeine Eigensd)aften der Körper. Molekularfräfte. Chemie. Nach A. Baumgartner's Grundriß der Naturlehre, Wien 1852. Wöchentlich 3 Stunden .

A. Pokorny.

Vierte Klasse.

Ordinarius: Konrad Böhm. Neligionslehre. Geschichte der Offenbarung des neuen Bundes nach Schuhmacher's biblisder Ges sdiqte für obere klaffen katholischer Schulen. Köln 1851. Wöchentlich 2 Stunden.

K. Berlinger. Lateinische Sprache. 2 Stunden Tempus - und Moduslehre nebst den Elementen der Metrik nad Puts

sche's Grammatif. - 4 Stunden Lektüre. Gelesen wurden 5 Bücher von Julius Caesar de bello gallico nebst Bruchstüden aus Ovid's Fastis.

Alle 14 Tage eine Haus- und eine Schulaufgabe. Wöchentlich 6 Stunden . . R. Böhm. Griechische Sprache. Verba mit verstärktem Präsensstamm, Verba in ut, die Syntag nach Kühner, das 4. Buch aus Xenophon'B Anabasis (im 2. Semester).

Jeden Monat wenigstens 3 schriftliche Arbeiten, und unter diesen immer Eine Schularbeit. Wöchentlid 4 Stunden

A. R105.

Page 7

„Ueber das Büdyerlesen" mit besonderer Hinsidyt auf den Studirenden.

Was und wie soll gelesen werden? (Aufgabe zur Bearbeitung in der Spule.) „Abrißartige Biographie" Karl's des Großen.

1. Körperbau, 2. Anzug, 3. Enthaltsamkeit in Speise und Tranf, 4. Redegabe, 5. Liebe zum

Christenthume, 6. Religiosität, 7. Reisen nach: Rom, 8. Verbesserung der Gefeße, 9. Sorge

für die Aufzeichnung der deutschen uralten Lieder, 10. lekte Zeit seines Lebens. Nachbildung der Dichtung: ,, Adler und Taube, von I. 2. v. Goethe

(frei, ohne Hülfe des Lesebuches) mit anderem Inhalte, aber mit demselben Grundgedanken, in Prosa. Erzählung“ mit dem Grundthema: ,,Erfahrung macht klug, aber nur, wenn man darüber nachdenkt."

(Eigene Erfindung.) Die idönen Künste haben auf den Menschen einen wohlthätigen Einfluß.

(Aufgabe zur Bearbeitung in der Schule.) „Brief Fallbestimmung. Ein Studirender ermuntert seinen jüngeren Freund, die claffische Lectüre der

griechischen und lateinischen Schriftsteller eifrig zu betreiben, theilt seine Ansichten hierüber mit,

wie zu studiren sei. a) Der Blumengarten im Frühlinge. b) Die Wohnung eines Landmannes.

(Besdyreibendes.)

Aufgabe zur Bearbeitung in der Schule. Ueber den Werth des Erlernens todter Sprachen.

(Gesprächsform.) A) ist dagegen: 1. wegen der Mühen, 2. der wad senden Schwierigkeiten, 3. des leichten Gebrauches

der Ueberseßungen. B) ist dafür: 1. wegen des Nußens der Sprachkenntniß, 2. des Genusses beim Lesen der Originale,

3. der daraus zu ziehenden allgemeinen Bildung. Schriftliche Uebertragung ins Deutsche.

Sallust. Crisp. Bell. Jug. c. 6. „Qui ubi primum adolevit etc.“

Aufgabe zur Bearbeitung in der Schule. Welchen Nußen gewährt das schriftliche Ueberseßen fremder Geisteswerke ?

(Aufgabe reflektirenden Inhaltes.) ,,Nisus und Euryalus.“ Was von diesen in Virg. Aen. Lib. 9 erzählt wird, soll in einer freien und

zwanglosen Nacherzählung wieder gegeben werden. Gedankengang in dem lyrisdien Gedichte ,,An Gott“ von Anna Louise Karsd.

(Lefeb. S. 112.) „E8 flog ein Gäng chen über den Rhein, und kam als Gidgad wieder heim."

(Spruch zur weiteren Erwägung.) Ueber gründliche Erlernung der Muttersprache. Sinnspruch: ,,Sprachkunde, lieber Sohn, ist Grundlag' allem Wissen,

Derselben sei zuerst und sei zuleft beflissen." Rüdert. (Aufgabe zur Bearbeitung in der Schule.)

Page 8

E.

$erzeichnis der Schüler, welche bei den bisher am afademischen Gymnasium abgehaltenen Maturitätsprü

fungen das Zeugniß der Reife zum Besuche einer Universität erhalten haben *).

Die Zeit, wann die Maturitäts:

Ob der Schüler N a me Geburtsort

mit Auszeichnung

Gewählte Berufstudien und prüfung abges

Universität halten wurde

entsprach 1 Biziste, Ludwig

Berdytholdsdorf in Desterreich)

Juli 1851 mit Auszeidinung Jurisprudenz in Wien 2 Bridyta, Johann Zlabings in Mühren

mit Auszeid; nung ebenfalls 3. Karajan, Max von

Wien

mit Auszeichnung

Historisch - philologische

Wissenschaften in Wien 4 Ritter von Krauß, Karl Lemberg

mit Auszeichnung Jurisprudenz in Wien 5 Pederzani, Guido

Klagenfurt

mit Auszeid)nung ebenfalls 6 Pisto, Isidor Neu - Raußniß in

mit Auszeichnung Mübren

Historisch - philologische

Wissensdaften in Wien 7 Pobanner von Ghren

Laibach thal, Ernst

Jurisprudenz in Wien 8 Rembold, Otto

Ofen

mit Auszeidnung

Medizin in Wien 9 Setwin, Franz

ins Leitmeriß

Jurisprudenz in Wien 10 Steiner, Mar Sedsbaus in N. Dest.

mit Auszei nung ebenfalls 11 Stradiot, Ridyard von

Medizin in Wien 12 Terfe, Moriz Wien

Jurisprudenz in Wien 13 Ullmann, Alerander Pest

ebenfalls 14 Würth, Gustav von Wien

Medizin in Wien 15 Butterwec, Karl

Wien

Sept. 1851 mit Auszeichnung Wurde Beamter 16 Fleischer, Jafcb Trebitdin Mäbren

Jurisprudenz in Wien 17 Frasch, Friedrich Wien

Medizin in Wien Zyndranowa in 18 Gabla, Andreas Galizien

Theologie 19 Kneißler, Hippolyt

Wien

mit Auszeichnung Jurisprudenz in Wien 20 Kronabethleither, Eduard Auersthal in N. Dest.

Medizin in Wien 21 Lager, David Gewitdin Mähren

mit Auszeichnung

Historisch - philolophisoe

Wissensdaften in Wien 22 Lindner, Gustav Brünn

Jurisprudenz in Wien 23 Mayer, Josef Ganiow in Galizien

ebenfalls 24 Merfort, Ubald

ebenfalls 25 Müller, Elias Kolin in Böhmen

mit Auszeidynung ebenfalls

Page 9

dem Schilde des Glaubens, daß davon zurüdprallen alle die Pfeile, die er aus dem Hinterhalte auf fie Schleudert, und schreiben Sie fich in ihr noch zartes Herz binein: Der Glaube ist Anfang und Ende alles Wiffen8, und Humanität ohne Religiosität unmöglich. - Vollfommen befriedigt haben Sie mich auch mit ihren Antworten in den übrigen Gegenständen, zumal Sie bewiesen, daß Sie dieselben nicht nur fönnen, sondern auch verstehen; das Zurüdgehen überall auf den Grund zeigte auf eine schon entwickelte Fertigkeit im Denken. Ich hebe hier besonders ihre Gewandtheit im eigenen Ausdruce, die Muttersprache bervor, dann die Mathematik, die Chemie, die Naturgeschichte, die Physik und Weltgesdidhte, vornehmlich aber das Griechisdie im ganzen Gymnasium. Es war sehr schön von einigen Schülern der vierten Klasse, denen ich aus Jrrthum in Xenophons Anabase ein noch ungelesenes Kapitel aufschlug, daß fie sich nicht, wozu ste doch ein Recht gehabt hätten, entschuldigten, sondern gleich fortlasen und fertig überjekten. Ueberhaupt ist dieser einst gefürchtete Gegenstand ein Lieblingsstudium der akademischen Jugend geworden, und mandhe gute Mutter muß sich jeßt, ob sie wolle oder nicht, griechisch vordeflamiren lassen; eine Thatsade, die zwar geringfügig an sich, wichtig aber für den Pädagogen ist, weil sie alle die Befürchtungen, die man vor dem Griechischen hatte, vernichtet. - Bei solchen glänzenden Leistungen mußte nothwendig auch die Klassifikazion glänzend ausfallen; beinahe die Hälfte der Schüler im Obergymnasium ist mit der Vorzugsflaffe notirt, und daß man ihnen dabei nichts geschenkt, werden Sie mir gewiß nicht in Avrede stellen. Auch mit euch, ihr Kleinen aus der ersten Klasse, war ich zum großen Theile sehr zufrieden, weil ihr aufmerksam und fleißig gewesen, und euch anständig betragen habet. Darum sage ich euch, daß id eud vom Herzen gut bin und daß ich große Hoffnungen in euch sebe, täuschet mich nicht; ihr wißt, daß ich mich gerne labe an euerem findlich zutraulichen Blice, an enteren frischen Wangen, ihr athmenden Blumen und an der Geschmeidigkeit beim Gruße des Einen eben so wie an der liebenswürdig ungelenfigen Verbeugung des Andern, doch immer nur dann, wenn ich weiß, daß ihr recht folgsam jeid, daß ihr in der Schule aufmerfet und rechyt fleißig lernet. Einige von euch haben freilich nicht ents sprochen, nun das ist in der ersten Klasse gewöhnlich, doch hoffe ich, daß fich auch diese nodi bessern werden. Ihr aber, die ihr nun in die zweite Klasse kommet, nehmt euch fest vor, das ganze Jahr hindurch redit ordentlich, aufmerksam und fleißig zu sein, dann habt auch ihr es für die Folge gewonnen.

Ich glaube nun mit vollem Bewußtsein sagen zu können, daß wir, Lehrer und Sdüler, unser Möglidstes geleistet, ob wir aber auch entsprochen, darüber haben nicht wir, sondern diejenigen Herren zu entscheiden, welche über uns wachen. Unsere Aufgabe ist aber noch nicht vollendet, Sie und wir Lehrer baben noch mit mandem Vorurtheile, mit mancher gegen den neuen Lehrplan vorgefaßten Meinung zu kämpfen; Vieles ist bereits erkämpft und mancher Vater durch seinen eigenen Sohn eines Besseren belehrt worden, aber es ertönt noch immer wie und da eine fdmähende Stimme, wir aber wollen, ob auch icon Thatsachen für uns sprechen, nicht eber ruben, bis auch die legte verstummt ist. Darum fahren Sie nur so fort wie Sie bisher gearbeitet und der Sieg für die gute Sache ist uns am Ende gewiß. Sollten Sie aber in ihrem Entschlusse wanfen oder den Muth finfen lassen wollen; dann bliden sie hin auf das erhabenste Beispiel, welches ich Ihnen zu zeigen vermag, auf unseren Mouarchen selbst, – auf Ihn, den Jüngling von riesiger Geisteskraft und entschiedenem Willen, auf Seine rastloje Thätigkeit, auf Seinen religiösen Sinn und Seine Milde des Herzens. Glüdliche Jugend! die du ein solches Muster vor deinen Augen hast. Ich bin zwar zu gering, um eine Majestät loben zu können, und doch wieder zu hoch, um mich zu einem Schmeichler herabzuwürdigen: Bewunderung aber erfüllt meine ganze Brust, und begeistert mich, den fünfzigjährigen Mann, wenn ich bedenke, wie Er, ein Jüngling von faum ihrem Alter in dem Sturme, wo die Stärksten verzagten, das Steuerruder des schon strandenden Staatsschiffes ergriff, und, mit sicherer Hand, die emporte Brandung mitten hindurch, das

Gargneben

Page 10

Die nachfolgende Abhandlung ist von den verstorbenen Direktor Bintz druckfertig hinterlassen worden. Noch während seiner Krankheit, in den Pausen kümmerlichen Genesens, war sie ilim Gegenstand liebevoller Sorge und Arbeit. Was ilim leider nicht mehr gelang, weil der Tod seine Hand lähmte, war: in einer Einleitung die allgemeinen Gesichtspunkte darzulegen. unter welchen er dieselbe aufgefaßt wissen wollte. Diese von innen heraus zu entwickeln, wäre nur ihm selbst möglich gewesen, in dessen Geist der Grundgedanke zu der Arbeit entstand. Meine Aufgabe kann nur sein, initzuteilen, was ich im allgemeinen über seine Absicht mit dieser Arbeit weiß, und demgemäß werde ich mich auf einen einfachen Bericht über ihre Entstehung auf Grund meiner Erinnerungen beschränken.

Vor etwa vier Jaluren, als Bintz noch Professor des Johanneuns war, fragte er mich einmal gesprächsweise, ob mir bei iucinen litteraturgeschichtlichen Studien nicht aufgefallen sei, wie sehr die gebildeten Kreise des vorigen Jahrhunderts im Ausdruck ihres Denkens und Empfindens von Horaz beherrscht gewesen seien. Ich bestätigte dies und fügte noch hinzu, daß überhaupt die litterarische und ästhetische Kritik des vorigen Jahrhunderts bis auf Lessing sich durchweg an Horaz angeschlossen, wenn nicht geradezu theoretisch auf ihm aufgebaut habe. Ich hatte mir das immer erklärt durch den Zug der Verwandtschaft zwischen Geistern zweiten Ranges, zu denen doch auch Horaz als Dichter zähle; nur dali die Gabe des geistreichen Aperçu, des fast französisch zugespitzten witzigen Ausdruckes ihn zum viel citierten Reigenführer und bewunderten Vorbild unter den Hagedorn, Gleim, Ramler u. s. w. erheben mußte. Von dem Grundgesetz des künstlerischen Schaffens der Griechen hatte man vor Winckelmam und Lessing ja doch keine Almung, so sehr man auch ..die Alten“ als die ewigen Muster pries; zum Verständnis und zur äußerlichen Nachahmung des Horaz reichten die Kräfte allenfalls hin.

Mit einer solchen mehr allgemeinen Vorstellungsweise sich zu begnügen, war indessen nicht 'Bintz Art. Er hatte nun

Er hatte nun den Horaz eine Reihe von Jahren hindurch in der Prima behandelt, und seine eindringende Beschäftigung mit diesem Autor, sowie mit der ihn betreffendeu Litteratur, hatte ihn zu einer höheren Schätzung desselben, ja zu einer Vorliebe für ibu geführt. Hier bot sich ihm jetzt ein neuer Gesichtspunkt zu seiner Betrachtung. Des Horaz Einflubi auf unsere Litteratur war zwar als Thatsache allgemein anerkannt, aber noch nicht nach allen Seiten erschöpfend dargestellt. War daher Bintz' Aufmerksamkeit einmal auf diesen Gedanken gelenkt, so lief es ilum keine Ruhe, bis er ihn durch alle Instanzen durchgearbeitet und sich ihn in allen Einzelheiten sozusagen zur sinntälligen Klarheit erhoben hatte. Hierzu gab es nwi bei dem fast gänzlichen Mangel an Vorarbeiten nur ein Mittel: die Litteratur des 18. Jahrhunderts durchzusehen und die in ihr vorkommenden Bezichungen auf Horaz zusammenzustellen, um daraus allgemeine Schlüsse zu ziehen. Auszugehen war dabei von der Zeit, wo eine folgerechte Entwickelung unserer Litteratur zuerst einsetzt, also bei Gottsched, und fortzugehen bis zu der Zeit, wo unsere selbständig gewordene Litteratur aufhört den Blick nur nach rückwärts gerichtet zu halten, also bis Goethe. Mit anderen Worten, es handelte sich um eine systematische Durchsicht der gesamten Litteratur von 1700--1800, denn eine Zusammenstellung bloß zufällig aufgeraffter Citate konnte hier nichts nützen. Darum komte ilim auch von anderer Seite keine Unterstützung kommen. Und so machte er sich dem ohne Zögern an diese weitschichtige Aufgabe, wie er einst die gesamte römische Litteratur durchgearbeitet hatte, um aus den vorkommenden Fällen von Allitteration die Neigung der Römer zu dieser rhetorischen Spielerei festzustellen. Schon nach einem Vierteljalır konnte er obwohl er gerade damals neben seiner Amtsarbeit eine beträchtliche publizistische Thätigkeit entwickelte --- einen umfangreichen Stoli gesammelten Materials aufweisen, wem er auch noch nicht wusste, ob und in welcher Form er es jemals veröffentlichen werde. Dann kam die l'ebernahme seines neuen Amtes, und unter den nun auf ilu einstürmenden Sorgen schien jene stille Arbeit zu ruhen, wenigstens wurde sie im Gespräch kaum noch gestreift, und vollends die eintretende Krankheit schien sie bis auf wubestimmte Zeit vertagen zu müssen. Wie überrascht war ich daher, als Bintz im Frühjahr v. J., kaum vom Krankenlager aufgestanden, mit dem der Vollendung zueilenden Entwurf zu der vorliegenden Programm-Abhandlung hervortrat! In jenen hoffnungsvollen Tagen, während welcher er seiner vollen Genesung mit Bestimmtheit entgegensalı, hat er dam, stundenweise an seinem Schreibtisch sitzend, die Arbeit bis zu der gegenwärtigen Gestalt gefördert. Zur Veröffentlichung im ganzen war das gesammelte Material noch nicht reif, daher hatte er sich entschlossen, einen Teil, der doch eine gewisse Abrundung gestattete, herauszugreifen, um an ihm eine vorläutige Probe dessen zu geben, was er später ausführlich zu beweisen gedachte. Teils erwartete er vom Urteil der Fachkritik einen Fingerzeig, der ihm weiter leiten sollte, teils wollte er sich selbst in dieser vorläutigen Veröffentlichung einen neuen Antriel schaffen zur Fortsetzung des Begonnenen,

Page 11

') Lessing, Hamburgische Dramaturgie (7,230): „Weiter darf ich meine Paraphrasis wohl nicht fortsetzen; denn sonst

desinit in piscem mulier formosa superne: aus der Höflichkeit wird Persiflage (ich brauche dieses französische Wort, weil wir Deutschen von der Sache nichts wissen), und aus der Persiflage dummer Stolz." Lessing. Kritische Briefe, (8, 188): ,,Es ist aber auch nur der Anfang, von welchem man in Ansehung des Endes noch mit Recht sagen könnte:

desinit in piscem mulier formosa superne.“ Vergl. Herder, 20, 536; ferner Matthias Claudius (Ausg. von Redlich) 1, 46, u. 1, 455; auch Wieland 37, 63; 38, 136.

2) Freiherr von Schönaich, der Verfasser des vermeintlichen Heldengedichtes „Hermann oder das befreite Deutschland", klagt 1753 seinem Gönner Gottsched seinen Kummer über die Behandlung seitens seines Vaters: ,,Er ließ mir für das schöne Exemplar, risum beneatis amici! einen halben Louisd’or überreichen. Er, der den Tag vorher für eine polnische Mähre vierzig Dukaten gegeben hatte. Er, der da führet, gehet, ibt, trinkt wie ein Minister und sich aufführt wie ein Philister.“ Danzel, Gottsched und seine Zeit 381. Risum teneatis amici? Wieland 36, 310. - Risum teneatis! Jean Paul (49—51, 385): ,,Lasset mich einmal eine Rezension von einem bekannten Buche nach Eurer Weise machen: Wessen Geistes Kind dies saubere Produkt ist, dessen Verfasser für die elegante Welt (risum teneatis!) zu schreiben hofft, das wollen wir mit einigen Pröbchen bloß aus einer Erzählung belegen und dem Leser das Urteil selber überlassen.“ Vergl. auch die Stelle aus Jean Paul 48, 58. Die Schlussstrophe eines Gedichtes, das Goethe 1765 in das Stammbuch von Friedrich Maximilian Moors schrieb, lautet (M. Bernays, der junge Goethe, 1,85; Goethes Werke, 3,313):

„Es hat der Autor, wenn er schreibt,
So was Gewisses, das ihn treibt, Den Trieb hatt' auch der Alexander Und all die Helden miteinander. Drum schrieb' ich auch allhier mich ein: Ich möcht' nicht gern vergessen sein.

Risum teneatis amici! 28. August 1765.

J. W. Goethe,

der schönen Wissenschaften Liebhaber. 3) Die Worte „velut aegri somnia vanae fingentur species“ sind von Herder mehrfach citiert: in seiner Metakritik, und zwar am Schlusse der Abhandlung vom Schematismus reiner Verstandesbegriffe" (18,266); ferner in seiner Besprechung der neuen Ausgabe von Bodmers Noachide (24,213); vergl. die Stelle in seiner Adrastea (14, 230). - Winckelmanns Werke 1,54.

Page 12

Voltum verba decent, iratum plena minarun, Ludentem lasciva, severum seria dictu. Format enim natura prius nos intus ad omnem

Fortunarum habitum, iuvat aut inpellit ad iram, 110 Aut ad humum maerore gravi deducit et angit:

Post effert animi motus interprete lingua. Si dicentis erunt fortunis absona dicta, Romani tollent equites peditesque cachinnum.)

" Intererit multum, divusne loquatur an heros, 115 Maturusne senex an adhuc florente iuventa

Fervidus, et matrona potens an sedula nutrix, Mercatorne vagus cultorne virentis agelli, Colchus an Assyrius, Thebis nutritus an Argis.”

") Aut famam sequere aut sibi convenientia tinge. Scriptor Homeriacum si forte reponis Achillem: Inpiger, iracundus, inexorabilis, acer Iura neget sibi nata, nihil non arroget armis.")

1) Lessing, Theatralische Bibliothek (11, 1, 227): ,,Ein Schauspiel, welches einem Mägdchen von geringem Stande Zierlichkeit, Witz und Lebensart geben wollte, würde den Beifall der Zuschauer wohl nicht erlangen. Denn

Si dicentis erunt fortunis absona dicta, Romani tollent equites peditesque cachinnum.“

.
Sulzer, Theorie der schönen Künste 4,67: ,,Was Aristoteles fordert, daß jede Rede dem Alter.
Stand, Rang, den Geschäften und Absichten der Personen angemessen sein müsse, und was Horaz sehr lebhaft lehrt, wenn er sagt:

Si dicentis erunt fortunis absona dicta u. S. W. ist noch das wenigste und leichteste. Das schwerste ist bei Allem diesem noch, das Eigenthümliche des Charakters zu treffen.“

2) Zu diesen fünf Versen Gottsched, kritische Dichtkunst 500, cbenso Breitinger. kritische Dichtkunst 479.

3) Herder in einer Recension (23, 13): „Aber Heirrich der Löwe als ein Sujet zum Heldengedicht? Das wird eine zweite Iliade sein können; dieser Helil ist wie der Achilles des Homer:

Impiger, iracundus, inexorabilis, acer

Iura negat sibi data, nihil non arrogat armis !" Herder auch 19, 217: „Iura negat sibi data!"

“ Wieland in seinen kleineren politischen Schriften (33, 370): (Der unpolicirte Mensch) „vermag wenig und meistens nichts über seine animalischen Triebe, Iura negat sibi nata -- und er lebt daher in immerwährender Unsicherheit und offener Fehde mit Andern seinesgleichen.“ Schmidt in einem Briefe an Gleim (Juni 1753):

b*

Page 13

Multa senem circumveniunt incommoda, vel quod 170 Quaerit et inventis miser abstinet ac timet uti,

Vel quod res omnes timide gelideque ministrat,') Dilator, spe longus, iners, avidusque futuri, Difficilis, querulus, laudator temporis acti

Se puero, castigator censorque minorum.”) 175 Multa ferunt anni venientes commoda secum,

Multa recedentes adimunt.:) Ne forte seniles Mandentur iuveni partes pueroque viriles: Semper in adiunctis aevoque morabimur aptis. Aut agitur res in scaenis aut acta refertur.

:) Lessing, Wörterbuch zu Logau's Sinngedichten (12, 263): ,,Nuseln oder nuscheln, ein niedriges Wort, welches eigentlich durch die Nase reden bedeutet. Logau sagt Sinng. 1170 von dem kindischen Alter der Welt:

weil nun die Welt, wie ein kindisch alter Greis,

Beißig, garstig, sattsam wird, bloß auch nur zu nuseln weiß, omnia trepide gelideque ministrat.“

2) Die Worte „laudator temporis acti“ sind von Lessing (11, 2, 546) als Motto für seinen in französischer Sprache geschriebenen dramatischen Entwurf „Palaion“ (der Anhänger des Alten) gewählt. Herder, Zur zweiten Sammlung der Fragmente (24, 349) citiert die sechs vorhergehenden Verse: „Eine Poesie bloß auf Regelnvernunft, auf Kunstschönheit und

„ Moralität gebaut, ist in ihrem hohen Alter, und da freilich das fromme lehrende Geschöpf, das den Abgang seiner Jugendkräfte mit mürrischer Vernunft und seine Kälte mit Klostereinigkeit ersetzen will: ,,Multa senem“ bis ,minorum“.

Wieland, Briefe an einen jungen Dichter (38, 108): „Ueberdies ist es ja wohl sehr natürlich und verzeihlich, daß auch der weiseste Mann, wenn er achtzig Jahre hinter sich hat, die Schuld der Natur bezahle, und wahr machen helfe, was unser Horaz von seinem Alten sagt:

Difficilis, querulus, laudator temporis acti

Se puero, castigator censorque minorum." G. Chr. Lichtenberg, Beobachtungen über den Menschen (vermischte Schriften 2, 165) citiert auch das Horazische „laudator temporis acti“. -- Vergl. Goethe, Paläophron und Neoterpe (11,24):

„Im Allgemeinen nennt man mich die alte Zeit. Auch hör' ich überall, wohin ich horchend nur

Die Ohren wende, mein entzückend großes Lob.“ 3) Goethe in Wilhelm Meisters Wanderjahre (18, 206): „Daß die Jahre, die zuerst eine schöne Gabe nach der andern bringen, sie alsdann nach und nach wieder entziehen, schien er auf dem Scheidepunkt, wo er sich befand, auf einmal lebhaft zu fühlen.“ — Breitinger, kritische Dichtkunst 480.

Page 14

Iso Segnius inritant animos demissa per aurem

Quam quae sunt oculis subiecta fidelibus') et quae Ipse sibi tradit spectator: non tamen intus Digna geri promes in scaenam multaque tolles

Ex oculis, quae mox narret facundia praesens. 155 Ne pueros coram populo Medea trucidet,

Aut humana palam coquat exta nefarius Atreus“), Aut in avem Procne vertatur, Cadmus in anguem. Quodcumque ostendis mihi sic, incredulus odi".

Neve minor neu sit quinto productior actu 190 Fabula, quae posci vult et spectata reponi;*)

Nec deus intersit, nisi dignus vindice nodus Inciderit;") nec quarta loqui persona laboret.")

1) Vergleiche Moses Mendelssohn (Schriften, herausg. von Brasch 2, 214), der Ursprung wserer Ideen vom Erhabenen und Schönen. — Breitinger, kritische Dichtkunst 10, Vergleichung der „Mahler-Kunst und der Dicht-Kunst.“

2) Vergleiche Lessing, Theatralische Bibliothek (11, 1, 392 und 742). 3) Vergleiche Lessing, Theatralische Bibliothek (11, 1, 757). - Mehrfach bei Gottsched,

, (1 kritische Dichtkunst, citiert 154, 186. - Rabener, von der wahren Beschaffenheit cines vernünftigen Bürgers 1, 93, bringt den Vers in der Amnerkung zu seinen Worten: „Wer Ehrlichkeit und Verdienst sebst von sich rühmen will, dem glaubt man nicht, der macht sich verlaßt, der schadet sich selbst.“

4) Gottsched in der Vorrede zin 3. Teile der deutschen Schaubühne" sagt, daß das von ihm in der Uebersetzung seiner Frau gebrachte Stück „Der poetische Dorfjunker“ bloß in drei Aufzüge geteilt sei: „Die Uebersetzerin aber hat geglaubt, dass es besser wäre, iluch hier die Regel des Horaz zu beobachten:

Neve minor nec sit quinto productior actu

Fabula, quae vult spectari et spectata reponi.“ Vergl. auch Gottscheds kritische Dichtkunst 609. – Lessing. Theatralische Bibliothek (11, 1, 7:27):

.

, „Welcher Dichter aber die Anzahl der Aufzüge zuerst auf fünfe eingeschränkt habe, weil ich nicht; so viel sehen wir, daß es zu den Zeiten des Horaz bereits so festgesetzt war, daß er es zu einer Regel der Komödie macht: ,,Neu brevior quinto neu sit productior actu.“ -- Sulzer, Theorie der schönen Künste 1, 242, citiert die beiden Verse und meint, es sei vergeblich in der Natur der Sache einen Grund für die Regel des Horaz zu suchen; mau könne aber bei mehreren Gelegenheiten beobachten, daß die Alten dasjenige, was die ersten Ertinder bloß zufälligerweise für gut befunden, zu einer nothwendigen Regel gemacht haben. 5) Wieland, der neue Amadis 8, 34 (17, 83, hierzu Anmerkung Seite 197):

Wo nicht (wie unserm Lykurgus beliebt) Ein dignus vindice nodus dem Wunder Ausehn gibt;

Page 15

315 Partes in bellum missi ducis') ille profecto

Reddere personae scit convenientia cuique.”) Respicere exemplar vitae morumque iubebo Doctum imitatorem et vivas hinc ducere voces.")

Interdum speciosa locis morataque recte 320 Fabula nullius veneris, sine pondere et arte, )

Valdius oblectat populum meliusque moratur, Quam versus inopes rerum nugaeque canorae.) Grais ingenium, Grais dedit ore rotundo

Musa loqui, praeter laudem nullius avaris.9)

) Herder, Fragmente über die neuere deutsche Litteratur (19. 225): „Die Schriftsteller sollen vom Sokrates lernen, Patrioten zu sein und Nebenabsichten dem Hauptzwecke aufzuopfern; denn dieser wußte es genau zu unterscheiden:

Patriae quid debeat et quid amicis, Quod sit conscripti, quod iudicis officium, quae

Partes in bellum missi ducis. Vergleiche 24, 180; ferner Gottsched, kritische Dichtkunst 108; ebenso Breitinger, kritische Dichtkunst 489.

2) Winckelmann 1, 54: ,,Die Allegorie könnte eine Gelehrsamkeit an die Hand geben, auch die kleinsten Verzierungen dem Orte, wo sie stehen, gemäß zu machen: Reddere personae scit convenientia cuique.“

3) Als Motto sind die beiden Verse gewählt in „Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“ 4, 302. Vergl. Lessing, Hamburgische Dramaturgie (7,437 Anmerkung, nebst 7, 442); ferner Lessings Abhandlungen von dem weierlichen oder rührenden Lustspiele (11, 1, 225): „Weder eine wahre noch eine erdichtete Begebenheit, wenn sie für sich selbst auch noch so wunderbar wäre, wird auf der Bühne einiges Vergnügen erwecken, wenn sie nicht zugleich auch wahrscheinlich ist:

Respicere exemplar vitae morumque iubebo:

Doctum imitatorem.“ 4) Der Vers ist von Wieland mehrfach angeführt: die Musenalmanache für 1797" (38, 319): „Es (das Gedicht) schien auch mir fabula nullius Veneris, sine pondere et arte zu sein, wiewohl vielleicht nach dem ersten Lesen ;- ,,Briefe an einen jüngeren Dichter“ (38, 92): „Sehen Sie, wie gut öfters auch sehr alltägliche Machwerke, sine pondere et arte, wenn nur irgend etwas daran gefallen kann, aufgenommen werden! Die lesende Welt will auf allerlei Art ergötzt und unterhalten sein.“

5) Die vier Verse sind Motto zu dem ersten Stücke in Lessings Theater des Herrn Diderot „Der natürliche Sohn“ (11,2, 7); dieselbe Stelle von Lessing (38, 180) in „Bemerkungen zu Schmidts Aufsatz über den deutschen Parnab" angeführt.

6) Hagedorn, Moralische Gedichte (Schreiben an einen Freund):

„Du weißt, wie sehr auch mich des Flaccus Kunst gereizt, Der, edlen Griechen gleich, nach nichts als Ruhm gegeizt.“

Page 16

Sunt delicta tamen, quibus ignovisse velimus: Nam neque chorda sonum reddit, quem vult manus et mens,

' Poscentique gravem persaepe remittit acutum, 350 Nec semper feriet, quodcumque minabitur, arcus.

Verum ubi plura nitent in carmine, non ego paucis Offendar maculis, quas aut incuria fudit Aut humana parum cavit natura.' Quid ergost?

Schleier, leicht geknickt, verblichne Bänder, Abgeklungner Liebe Trauerpfänder, Schon gewidmet meines Herdes Flammen, Rafft der freche Sosius zusammen, Eben als wenn Dichterwerk und - Ehre Ihm durch Erbschaft zugefallen wäre; Und mir Lebendem soll sein Betragen Wohl am Thee- und Kaffeetisch behagen ? Weg das Porzellan, das Zuckerbrot!

Für die Himburg's bin ich todt.“ Boileau setzt in seiner Art Poétique 1, 77. 78 statt der Sosier den Pariser Buchhändler Barbin, um dieses nebenbei zu bringen:

,,Son livre, aimé du ciel, ct chérie des lecteurs.

Est souvent chez Barbin entouré d'acheteurs." ) .

Die Stelle ist mit besonderer Vorliebe citiert worden. Vergl. zu „Ubi plura nitent“ Jean Paul 48, 58. Lessing gebraucht den ersten Vers in einer Rezension der Klopstockschen „Ode an Gott" (12, 475); zu der letzten Hälfte der drei Verse vergl. Lessing 13, 27; zu der ganzen Stelle und den drei vorhergehenden Versen 13, 51. Die ganze Stelle als Motto in „, Sophiens Reise von Memel nach Sachsen" 4, 290. – Die beiden letzten Verse citiert Herder (19, 97), wobei er den ersten derselben sich zurecht macht: „ne sumat maculas“ etc. Herder, Von einigen Nachbildungen der Römer (19, 275): „Das Lehrgedicht leidet noch zuerst die

“ : Lieblingswendung sovieler deutschen Vorreden.

Ubi plura nitent in carmine, non ego paucis

Offendar maculis." Vergl. 17. 676. ---Wieland schreibt an Knebel aus Tiefurt 1803 über knebels Uebersetzung des Lukrez: ,, damit Sie indessen wenigstens meinen guten Willen sehen, an einem Meisterwerk, woran ich so vieles hoch zu loben finde. auch etwas zu bekritteln, so lege ich zur Probe ein Blättchen bei, worauf ich einige von den paucis maculis bemerke, quibus non offendor, und die vielleicht, genau besehen, nicht einmal maculae sind." -- Wieland im Vorbericht der sämmtlichen Werke (38, 659):

, „Da der Verfasser also beinahe gewiß ist, die Schriften von allen Makeln, quas incuria fudit, befreit zu haben, so darf er um so eher für diejenigen, quas humana parum cavit natura, Nachsicht hoffen." Vergl. 37, 568; 38, 228; 38, 497.

Page 17

410 Nec rude quid possit video ingenium:') alterius sic

Altera poscit opem res et coniurat amice. Qui studet optatam cursu contingere metam, Multa tulit fecitque puer, sudavit et alsit,

Abstinuit venere et vino; qui Pythia cantat 41. Tibicen, didicit prius extimuitque magistrum.

Er antwortet darauf, daß beides zusammen kommen müsse eine Entscheidung, die nicht kaun in Zweifel gezogen werden. Man trifft oft Werke der Kunst an, wo nur Kunst, andre,

nur Natur herrscht; aber solche Werke sind nie vollkommen. Man kam eine Menge holländischer Maler nennen, die die Kunst in einem hohen Grade der Vollkommenheit besessen haben, denen aber die Natur das Genie, große Vorstellungen in der Phantasie zu bilden, versagt hat. Ihre Werke sind als bloße Kunstsachen vollkommen, dienen aber zu weiter nichts als zur Bewunderung der Kunst.“

) Die Worte von ,,ego bis ,,ingenium" sind von Philipp von Zesen für seine scala Heliconis (1613), welche lange Zeit für die Metrik so maßgebend war, wie Opitzens Poetik in ihrer Weise, als Motto gewählt worden. Vielleicht hat die Stelle Goethe bei seinem Sonnet „Natur und Kunst vorgeschwebt (3, 105; 11, 71):

Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen,

Und haben sich, eh man es deukt, gefunden.“ 2) Rabener, Satiren 2, 144 (Hinkmars von Repkow Noten oline Text; zuerst Bremer Beiträge %, 292), naclıdem er über die Ueberschätzung des lateinischen Versemachens gespottet:

,,Multa tulit, fecitque puer, sudavit et alsit. Dieses sind die eigentlichen Worte des mir ertheilten Schulzeugnisses, welche auf nichts anderes zielten, als auf den rühmlichen Eifer, den ich bezeugte, so oft ich mit Jamben und Trochäen zu kämpfen hatte. So sauer mir oftmals meine Siege geworden sind, so groß war auch meine Zufriedenheit, wenn ich eine kurze oder lange Silbe überwunden und meinen Zeilen diejenige Form gegeben hatte, welche man an den Gedichten des Horaz und Virgils erblickt. Was diese beiden Dichter nur schönes und göttliches gesagt hatten, das fund man auch von Wort zu Wort in meinen Versen, und vielmals würde ein umparteiischer Leser zweifelhaft geworden sein, ob er einen lateinischen Neujahrwunsch von Hinkmarn von Repkow, oder ein Stück aus des Virgils Aeneis läse. Mein redlicher Lehrmeister war darüber so erfreut, daß er mich beständig seinen kleinen Hannibal nannte, der die Schätze Latiums plünderte und sein Vaterland damit bereicherte.“ Bürger schreibt 1773 an Boie: ,,Ich mui nun wohl nächstens an Wieland schreiben. Ich denke das sechste Buch der Iliade wegen seiner interessanten Scenen einziischicken. Ich bin emsig jetzt beschäftigt ihm die bestmöglichiste Politur zu geben. Aber es kostet mir unbeschreibliche Mühe. Ich werde gelb und mager dabei und öfters beinahe olmmächtig.

Multa tulit fecitque puer, sudavit et alsit. Aber die Unsterblichkeit ist ein hoher Gedanke, ist des Schweißes des Edlen werth.“ – Vergl. Herder, Abhandlungen und Aufsätze (17, 202).

Page 18

Obiectos caveae valuit si frangere clathros,

Indoctum doctumque fugat') recitator acerbus; 175 Quem vero arripuit, tenet occiditque legendo,“)

Non missura cutem, nisi plena cruoris, hirudo.*)

sicher sein, daß ihm Niemand etwas Unhöfliches über seine Verse sagen wird, als eine Dame, die sich in einer Gesellschaft auf dem Pianoforte oder mit einer großen Arie hören läßt, auf ('omplimente über ihr schönes Spiel oder ilire schöne Stimme rechmen kann.“ Wieland, L'eber zwei metrische l'ebersetzungen des Lukrez (37, 567): „Eine poetische Uebersetzung des Lukrezischen Gedichtes Von der Natur in unserer Sprache ist vielleicht das größte aller Wagestücke, zu deren Unternehmung die Musen einen höchstbegünstigten Liebling oder die rächenden Erimnyen irgend einen Unglücklichen, qui minxit in patrios cineres aut triste bidental movit, treiben können.“

!) Die Worte von „furit" bis „tugat“ angeführt bei Herder, Fragmente über die neuere deutsche Litteratur 19, 218.

4) Der Vers ist einer der vielen, die in unbewußter Selbstironie als Motto in ,, Sophiens Reise von Memel nach Sachsen“ 4,189 verwandt sind; so gleich das Motto zum Ganzen „Quisquis erit vitae, scribam, color“ (Hor, sat. 2, 1, 60); fast eine Ausnahme ist es,

wenu in diesem weitschichtigen Werke ein Citat einigermaßen geglückt ist, wenn es z. B. nach Horaz

. (od. 3, 1, 37—40) von einem schlechten Reiter heißt:

Timor et minae Scandunt codem, quo dominus,

et

Post equitem sedet atra cura. *) Raniler, Von der wahren Beschaffenheit eines vernünftigen Bürgers 1, 99, bringt

2 diesen Vers in Anmerkung zu seinen Worten: ,,Man darf nicht einen Augenblick aufschieben seine Lebensart vernünftig einzurichten, und ein Blutegel lält nicht cher ab zu saugen, bis er ganz voll Blut ist.“ Seume in ,,Zwei Briefe über die neuesten Veränderungen in Rußland seit der Thronbesteigung Pauls des Ersten“ (1, 103): „Nirgends kann öffentliche Wohlfahrt auf einige Sicherheit rechnen, als wo Rechte und Pflichten in ein vernünftiges Verhältnili treten; und nirgends kann dieses Verhältniß stattfinden, wo der Begriff der Sklaverei noch am Throne geduldet wird. Katharina die Zweite hat zwar schon das Wort verbannt; aber der Adel hat sich die Sache nicht nehmen lassen: non missura cutem.“ Derselbe in Ein Wort au Schauspieler und Diejenigen, welche es werden wollen“ (7, 92): „Ein Mam, der viel Philosophie weiß, ist deswegen noch kein Philosoph, und ein Mann, der des Aristoteles ganze Poetik und alle Vorschriften des Horaz von „Humano capiti" bis zu plena cruoris hirudo“ auswendig hersagt, ist darum kein Dichter; denn sonst wäre gewiß Gottsched einer unserer ersten Männer in beiden Fächern gewesen."

Page 19

seine historischen und geographischen Lehrbücher auf, in denen er die Frage- und Antwortmethode anwandte; die eingeflochtenen Anekdoten und Märchen übten einen besonderen Reiz aus. Bei dieser hervorstechenden Lehrgabe Hübners war es natürlich, daß er bald als Schulmann begehrt wurde. Im Jahre 1694, im Alter von 26 Jahren, folgte er einem Rufe als Rektor der Stiftsschule am Dom zu Merseburg und wirkte dort in großem Segen') bis 1711, in welchem Jahre er an Stelle des zurücktretenden Rektors Fabricius das Rektorat unsers Johanneums übernahm, das er dann bis zu seinem am 21. Mai 1731 eintretenden Tode bekleidete. Dies möge genügen, um über die Laufbahın und Thätigkeit dieses Mannes im allgemeinen zu orientieren.) Die folgenden Zeilen wollen versuchen, ihm neben Richey und Brockes einen ehrenvollen Platz in der Geschichte der deutschen Litteratur zu verschaffen, denn auf diesem Gebiete ist sein Name bisher so gut wie gänzlich unbekannt. Hettner und Koberstein erwähnen ihn garnicht, Gervinus nur in sehr unfreundlicher Weise; er scheint nur in Hübners Übersetzung des Thomas a Kempis einen flüchtigen Blick geworfen zu haben. In Goedekes Grundriß III ? wird S. 26 sein ,,Poetisches Handbuch, d. i. Anleitung zur deutschen Poesie nebst Reimregister in verschiedenen Auflagen angeführt und S. 302 werden von ihm aufgezählt :)

1. Mehrere geistliche Lieder. 2. Des frommen Thomä a Kempis Todes-Betrachtung zur Erinnerung der Sterblichkeit durch Joh. Hübnern in gebundener Rede verfasset, Leipzig 1700, 5. Auflage 1712.

1) Kämmel in dem Joh. Hübner behandelnden Artikel der „Allgemeinen deutschen Biographie" begründet dessen Ruf als Rektor mit der Bemerkung: „Augiae stabuli, quod Merseburgi olet, expurgator strenuissimus nennt ihn eine gegen ihn gerichtete Schrift von 1710.“ Danach müßte er in Merseburg unleidliche Zustände angetroffen und darin Wandel geschafft haben. In Wittes Buch: „Geschichte des Domgymnasiums zu Merseburg“ findet sich indessen auf S. 12 nur eine kurze Notiz über ihn, in der es zwar heißt, dass er zu den Rektoren gerechnet wurde, die sich vor anderen berühmt gemacht hätten, aber von besonderen Übelständen, die Hübner beseitigt hätte, ist nicht die Rede. Auf eine schriftliche Anfrage hin erhielt ich von Professor Witte in liebenswürdigster Weise weiteren Bescheid. Er schreibt u. a.: „Jedenfalls befand sich unser (Merseburger) Gymnasium unter Cellarius, der bis 1693 hier Rektor war, in gutem Zustande, der sich unter dem kurzen Regimente seines Nachfolgers jedenfalls nicht verschlechtert hat. Es ist also nicht gut denkbar, daß Hübner hier schauderhafte Zustände an der Schule vorgefunden hat; auch ergeben die Akten hierüber keine Spur. Auch scheint es mir sehr unwahrscheinlich, daß eine rein persönliche Schmähschrift eine ganze Anstalt mit einem derartigen Titel beehrt haben sollte. Ich bringe diese anrüchige Bezeichnung vielmehr in Verbindung mit einer Notiz, die sich in Wittes Schrift S. 58, Anm. 4 findet. Da heißt es:

„Auch das Schulsekret, welches damals wie heute eine Plage für die Schule war, wurde in dieser Zeit neu gebaut. In der Rechnung von 1702 (also unter Hübners Rektorat) findet sich: „20 fl. 6 Gr. 6 Pf. Christian Glaurus dem Maurer, welcher im Kreuzgange das Schulsekret mit seinen Leuten abgebrochen und das neue aufbauen müssen. 11 A. 12 Gr. 3 Pf. denen Handlangern; ferner 2 fl. 6 Gr. Hans Sachsen vor Reumung des Sekrets im Kreuzgange, 10 Gr. Martin Barthold, welcher den Kreuzgang von Unreinigkeiten gesäubert, is Gr. vor 3 Schl. Kalck, so ins neue Sekret geschüttet wurden“. Dies neue Mittel, die Schule zu desinfizieren und vor dem abscheulichen Geruche zu schützen, ist damals sehr häufig angewandt: „4 Schl. Kalck in die Heimlichkeit zu schmeissen, 6 Schl. Kalck in die Heimlichkeit“, so steht es fast

jährlich in den Rechnungen verzeichnet“. Daß man eine solche Anspielung Vulpius, dem Verfasser jener Schmähschrift, zutrauen darf, davon kann sich ein jeder beim Durchblättern dieses ebenso nichtssagenden als gemeinen Elaborats bald überzeugen. Interessant ist dies Schriftstück nur als ein Beispiel dafür, wie kindisch und untiätig sich die sonst so überaus höflichen Gelehrten der damaligen Zeit benehmen konnten, wenn sie persönlich gereizt waren. Übrigens hat es Hübner nicht für nötig erachtet, auf diese Schrift zu antworten. cf. Moller, Cimbria litterata sub Johann Hübner.

2) Näheres über sein Leben und seine Wirksamkeit als Schriftsteller und Schulmann findet man außer bei Calmberg, Ersch u. Gruber, Moller, Allg. deutsche Biographie a. a. 0. besonders in Schröders Lexicon der Hamburgischen Schriftsteller, wo auch alle weiteren litt. Nachweise unten angeführt sind.

3) Das in der ersten Auflage von Goedekes Grundriß erwähnte Schauspiel Hübners „Die Bekehrung der Sachsen zum Christentum" fehlt auffallender Weise in dieser zweiten.

Page 20

Blümel:

Blümel : Die Seele läßt sich nicht mit leeren Worten füllen, Je mehr du weißt, je mehr wird Gottes Grimm Die Tugend labet sie, die muß den Hunger stillen;

dich rühren, Und ist das Herze rein, so kann man wohl besteh'n Wenn du dein Wissen nicht wirst ins Gewissen Und freudig und getrost zu seinem Vater geh'n.

führen. Hübner:

Hübner: Thätig mußt du dich erweisen,

Wissen macht dich nicht beglückter, Wenn du willst die Seele speisen,

Denn je größer und geschickter
Worte machen dich nicht satt.

Deines Geistes Gaben sind,
Der allein kann Gott vertrauen

Desto schärfer wird Gott richten, Und auf seine Gnade bauen,

Wenn er dich an Glaubensfrüchten Der ein gut Gewissen hat.

Nicht um so viel reicher find't. Aus der im Jahre 1727 erschienenen vollständigen Übersetzung der Nachfolge Christi könnte ich außerdem noch eine ganze Reihe von sehr annehmbaren Strophen herausheben.

Ich begnüge mich mit den folgenden:

II. Cap. 7, Str. 8:

III. Cap. 2, Str. 1: Hat Jesus dein Herze zur Wohnung erkoren,

Rede Herr, ich will dich hören, So halt ihn fest und laß ihn nicht.

Hören will dich, Herr, dein Knecht; Wer Jesum verlieret, hat alles verloren

Niemand kann mich besser lehren, Und lebet ohne Zuversicht.

Als du selbst, dein Licht und Recht. Wer auf die Creaturen baut,

Lenke du mir erst mein Herz Der hat nur auf Sand, nicht auf Felsen gebaut.

Von der Erde himmelwärts,
Daß dein Wort es kann erleuchten

Und als wie ein Tau befeuchten. Wie das oben erwähnte 2. Kapitel des II. Buches mit Worten Paul Gerhards beginnt, so sind auch die ersten Zeilen von I, 24 gleichlautend mit dem Ringwaldt’schen Liede: „Es ist gewißlich an der Zeit, daß Gottes Sohn wird kommen." Ebenso benutzt er auch bei dem sehr mannigfaltigen Strophenbau zahlreiche Kirchenlieder. Durch solche Anklänge wie durch Einflechtung von Bibelsprüchen und festgeprägten christlichen Redewendungen sucht er seiner Übersetzung, die ja den Zwecken der Erbauung dienen soll, eine möglichst volkstümliche Form zu geben. Ich darf allerdings nicht verschweigen, daß es hier und da auch an groben Geschmacklosigkeiten nicht fehlt, so wenn es von leichtsinnigen Leuten heißt: ,,Und gemalte Totenköpfe seln sie an als Blumentöpfe“, oder der Rat erteilt wird: „Halte dich, so viel du kannst, incognito", oder endlich von „Haderkatzen“ geredet wird, „die voller Gift und Galle sein, die vorne lecken, linten kratzen und nichts als immer Racha schrein.“ Im allgemeinen jedoch liest man die Strophen ohne sonderlichen Anstoß, freilich auch ohne Behagen. Das Ungeheuerliche, was für uns in dem Unternehmen liegt, ein solches Erbauungsbuch in über 1500 lyrische Strophen umzusetzen, darf man Hübner nicht zur Last legen. Er traf damit durchaus den Geschmack seiner Zeit und steht mit dieser Arbeit keineswegs vereinzelt da.?)

Zweimal 52 weitere Strophen finden sich in seinen biblischen Historien am Schlusse jedes Abschnittes unter der Überschrift: „Gottselige Gedanken." Er will mit diesen Versen,

“ nachdem durch das Vorhergehende das Gedächtnis und der Verstand des Kindes geübt worden sind, auch auf den Willen einwirken. Weil ich nun weiß, daß die Poesie auch in den zarten Kinderseelen eine delikate Wirkung hat, so habe ich eine jede Historie mit einem kurzen Verse beschlossen, der allemal einen guten Gedanken in sich hält. Ein solches Sprüchlein lasse man das Kind auswendig lernen, so wird es gewiß allemal ein Denkzettel vor seinen Augen sein. Der Lehrmeister setze seine gute Vermahnung hinzu und erinnere das Kind fleißig der Worte Christi: ,,So ihr das wisset, selig seid ihr, so ihr solches thut." (Schluß der Vorrede.) Zwei Beispiele mögen genügen:

Page 21

Andere Sprüche knüpfen nur an biblische Gestalten an, z. B.: Salomon ließ sich bethören,

Als dort von Simsons Haupte Daß er den Weibern zu Ehren

Ein Weib die Haare raubte, Gottes Gebot übertrat.

So ging die Kraft zu Ende. Herrschte der weiseste König

Damit nun Weiber-Hände Über die Weiber so wenig,

Uns nicht auch so bestricken, So ist uns andern kein Rat.

So tragen wir Parücken. Auf die überhand nehmenden Reisen nach Frankreich beziehen sich folgende zwei Epigramme: Wenn Salomonis Schiff

Die Deutschen verreisten vor diesen Einmal nach Ophir lief,

In Frankreich ihr Hab und ihr Gut: So bracht es Gold ins Reich;

Nachdem hat sich's deutlich gewiesen, Doch Affen auch zugleich.

Wie närrisch und thörlich man thut. Merkt, die ihr gerne reist,

Die Früchte sind, daß wir die Sünden Das Ophir Frankreich heißt.

Der Franzen in Deutschland nun finden. Besonders viel bekommen die armen Frauen zu hören:

Alles, liebe Frau, ist deine: Hemd und Krause, Strümpf und Schuh, Hut und Mantel auch dazu,

Doch die Hosen bleiben meine. Der Ehestand wird als eine wahre Hölle geschildert: Die Eh' ist nur ein Flitterjahr

Ihr, die ihr Weiber habt und also täglich spüret, Danach kömmt manches Bitterjahr.

Was vor Beschwerlichkeit der Eh'stand bei sich führet, Da bringt ein Quintchen Herrlichkeit Erzählt doch eure Not und eure Hudelei, Viel Centner voll Beschwerlichkeit.

Damit die Jugend hört, daß Eh'stand Wehstand sei. In einer „Chria“ wird das junge Volk gewarnt vor dem Ehestande. Die letzten beiden Strophen lauten: Der Eh'stand ist ein Vogelbauer,

Doch weil man auf dergleichen Fällen
Da will ein jeder loser Lauer

So wenig, als dort in der Höllen
Mit Macht und mit Gewalt hinein;

Auf die Erlösung hoffen kann, Und wenn sie sich darein versperren,

So flieht vor solchen Vogelherden, So wollen denn die lieben Herren

Darauf so viel gefangen werden, Bald wieder in der Freiheit sein.

Und bleibt der Freiheit zugethan. Nach diesen überaus harten Ausfällen auf den Ehestand wirkt es einigermaßen komisch, wenn man in den ,, Niedersächsischen Nachrichten von gelehrten neuen Sachen" 1731 Stück 42, S. 354, über den eben verstorbenen Hübner liest: „Er verheiratete sich ein Jahr nach seiner Ü bersiedelung nach Merseburg 1695 mit der dritten Tochter des Herrn Dr. Olearius (in Leipzig), mit welcher er so vergnüglich gelebet, daß er in der Zueignung der ihrem getreuen Andenken gewidmeten Übersetzung der Kempischen Bücher von der Nachfolge Christi ihr zum Ruhme nachschreibet, er sei in seinem Leben niemals durch sie als durch ihren anno 1726 erfolgten herben Abschied betrübet worden.“ Daß es ihm mit seinen Abmahnungen von der Ehe nicht ernst gewesen, ersieht man auch aus folgendem Beispiel für eine Parodie: Weswegen soll ich mich vermählen?

Weshalb soll ich mich nicht vermählen? Die Freiheit ist ein Paradies.

Der Eh'stand ist ein Paradies.
Wer Einsamkeit sich kann erwählen,

Wer sich was Liebes kann erwählen, Hat sein Vergnügen ganz gewis.

Find't sein Vergnügen ganz gewiß. Wer sich zu einem Sklaven macht,

Und wer sich selbst zum Mönche macht, Der wird ganz billig ausgelacht.

Der wird ganz billig ausgelacht. Noch einige andre Epigramme verschiedenen Inhalts mögen hier ihre Stelle finden.

Wenn man harte Thaler zählet, so beschmutzt man sich gar sehr; Ach, ich sorge, sie besudeln das Gewissen noch viel mehr. Wenn einer zehn Jahre den Schulstaub hat in sich gefressen, Ist's ebenso viel, als auf der Galeere gesessen.

Page 22

druckt') als Beispiel dafür, wie schlicht und taktvoll sich Hübner der zumal für jenes servile Geschlecht nicht ganz leichten Aufgabe entledigt hat, den Hochfürstlichen Geburtstag in der Kirche in geeigneter Weise zu verherrlichen.

Der für uns Hamburger besonders interessante Inhalt von No. 6 ist kurz folgender: Personen sind: I. Die Zeit.

II. Die drei Landverderber: Heuchelei, Mißbrauch, Zwietracht. ?) III. Die drei Schutz-Engel: Frömmigkeit, Weisheit, Friede.

IV. Hamburg mit seinen Bürgern.
Es beginnt mit einem Chor:

Die Zeit: Frenet euch, ihr Ober-Alten!

Aria. Gott hat diese Stadt erhalten.

Alles lieget an der Zeit! Celebriert das Jubel-Fest,

Alle Dinge kann ich ändern, Das euch Gott erleben läßt!

In den Städten und in Ländern, Singet,

In der ganzen weiten Welt. Springet,

Fluch und Unglück, Heil und Segen Jubilieret,

Kann ich auf die Völker legen, Triumphieret,

Wie und wenn es mir gefällt. Dankt dem Herren!

Ich regiere weit und breit, Groß ist der König der Ehren!

Alles lieget an der Zeit! Hamburg rühmt in einem Recitativ, wie es in den 200 Jahren aufgeblüht sei, und fordert auf, Gott dafür zu preisen, dem in einer Arie entsprochen wird. Hierauf berichtet die Zeit, daß der Neid das Glück Hamburgs nicht länger mit ansehen wolle und deshalb die drei Furien losgelassen habe, die nun hier zusammenkommen würden, um einen Anschlag wider Hamburg auszusinnen. Hamburg solle sich verstecken, sie belauschen und dann mit seinen Bürgern hervorbrechen. Dies geschieht. Die drei Landverderber treten auf, schließen einen Bund zu Hamburgs Untergang und berichten, was ein jeder für Unheil anstiften will.") Dazwischen und am Schluß ihrer Verabredung ertönt das Terzett:

1) I. Aria (Tenore solo).

II. Aria (Canto solo).

III. Aria (Alto solo). Großer Herrscher aller Götter, Denk an deines Namens Ehre,

Höre doch in deiner Höhe Starker Herr, Herr Zebaoth! Die in diesem Lande blüht;

Das Gebet durch Christi Blut, Unsre Zuflucht und Erretter, Denk an deine reine Lehre,

Welches Erdmuth Dorothee Unser Beistand in der Not.

Die man noch in Sachsen sieht!


Xebst dem teuren Prinzen ihut. Hilf, ach silf durch Jesum Christ Schütze wider Macht und List

Hör, ach hör in deinem Thron Dem, der dein Gesalbter ist! Zion, da dein Weinberg ist !

Diesen jungen Salomon ! Göttliche Antwort (Basso solo). Göttliche Antwort (Basso solo).

Göttliche Antwort (Basso solo).
Er begehret mein, so will ich Er kennet meinen Namen,

Er rufet mich an, so will ich ihm aushelfen.

darum will ich ihn schützen.


ihn erhören. Chorus. Chorus.

Chorus. Amen, Amen, Amen! Amen, Amen, Amen!

Amen, Amen, Amen! IV. Aria (Canto solo).

V. Aria (Tenore solo). Schane, wie die Krieges-Flamme Nun, wir hoffen, du wirst geben, Täglich weiter um sich frißt,

Was dein Volk gebeten hat: Sie greift nach dem Rauten-Stamme, Gieb dem Fürsten Heil und Leben, Wo du nicht sein Hüter bist,

Gieb ihm Weisheit, gieb ilım Rat! Reiß, ach reiß das Sachsen-Haus Sei sein Schirm, sein Schild, sein Teil ; Gleich als einen Brand heraus!

Und zuletzt zeig ihm dein Heil! Göttliche Antwort (Basso solo).

Göttliche Anwort (Basso solo). Ich bin bei ihm in der Not; ich

Ich will ihn sättigen mit
will ihn heraus reißen und zu langem Leben und will ihm zeigen
Ehren machen.

mein Heil. Chorus

Chorus. Amen, Amen, Amen!

Amen, hen, Amen! 2) cf. Die drei Abgesandten des Wendenkönigs Mistevoi in Weises Roman: „Die drei Hauptverderber“. 3) Litterarhistorisch interessant ist folgende Stelle aus dem Recitativ des „Mißbrauchs“: Der Kuckuck hat

Daß sie nunmehr die Kosten sparen, Zwar in der Stadt

Die sonsten eingeführt und unvermeidlich waren. Den Patrioten hergebracht,

Allein, es hilft, soviel es kavn; Der hat viel Leute klug gemacht,

Mich deucht, der Mißbrauch geht schon wieder an.

Gelehrteuschule des Johanneums. 1899.

Page 23

Der mir die Bankert') nehmen soll.

Daß man aus ihren eignen Proben Die Kinder sind und bleiben meine

Ein wahres Urteil fällen kann.
Mit Haut und Haar, mit Strumpf und Stiel.

Hier stellt sich eine ganze Herde Sie mögen sein groß oder kleine,

Von meinen Kindes-Kindern ein, Es gilt mir alles gleich so viel.

Daraus ich leicht erkennen werde, Hier ist mein Sack, der stehet offen,

Ob sie der Laster schuldig sein. Und diesen Abend wird er voll.

Gabriel :
Ich greife zu und will nicht hoffen,

So recht, so ist der Streit zu heben, Daß mir nur eins entwischen soll.

Ich will Examinator sein, Adam:

Den Frommen will ich Gaben geben, Ihr streitet um die armen Kinder,

Die Ungetreuen bleiben dein. Der Engel defendiert sie wohl,

Rupertus: Du aber sprichst, sie wären Sünder.

So recht, der Vorschlag läßt sich hören; Ich weiß nicht, wem ich glauben soll.

Icl nache meinen Sack schon auf. Wohlan! Der Streit ist leicht gehoben:

Sie wissen nichts von Gottes Lehren, Es kommt auf ein Examen an,

Herr Adam, gebt nur Acht darauf. Die neun Kinder werden nun dreimal durchgefragt und es ergiebt sich, daß sie über den Heilsweg Gottes trefflich unterrichtet sind. Darauf soll jedes einen Spruch aufsagen; auch dies geschieht zur vollsten Zufriedenheit des Examinators Gabriel, so daß dieser freudig ausruft:

Gottlob! den Platz will ich behalten,


Uud also sprech' ich diese Herde Die Kinder respondieren wohl;

Von Ruprechts seiner Klage rein; Es fragt sich noch, ob von den Alten

Wenn ich das Christo sagen werde, Auch mancher so bestehen soll.

So wird er wohl zufrieden sein.
Da kommt Rupertus mit einem Schlingel und ruft dem Engel zu: Gemach, gemach! mein lieber Engel:

Dort steht ein ungeschliffner Bengel, Wir sind ja noch nicht ganz herum.

Der weiß wohl nichts vom Christentum. Er examiniert ihn selbst, und Schelmofsky giebt ganz ähnlich ungezogene Antworten wie Kain und seine Rott bei Hans Sachs, so daß selbst Adam zugeben muß, daß dieser zehnte dem Rupertus verfallen ist. Der Weihnachtsspruch, den Rupertus zum Schluß noch von ihm fordert, fällt so beleidigend aus, daß dieser, aufs höchste erzürnt, ihn in seinen Sack steckt. Zum Beschluß singt der Chor: ,,Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich."

Auffallend ist, daß Rupertus in diesem Stück nicht wie sonst als Freund der Kinder erscheint, der als Bote des Christkindes ihnen allerlei schöne Sachen schenkt, wenn sie ihr Sprüchlein können und fromm und fleißig waren, sondern als schadenfroher, hämischer Geselle und Gegner des Engels Gabriel, der sich vor Zorn nicht zu lassen weiß, wenn ihm seine Beute entgeht. Ja, Gabriel nennt ihn sogar Lügen-Vater, stellt ihn also dem Teufel, dem Vater der Lüge gleich.) Ganz dieselbe Rolle spielt nun Rupertus in dem Nachspiel der oben unter No. 8 angeführten „Christ-Comödia“, zu deren Besprechung wir nun übergehen. Dort tritt nämlich Rupertus mit seinen drei Söhnen Andropophagus, Misandropus und Ripsrapsius auf

Page 24

Religion durch ihre innere Hohlheit dem sicheren Untergange geweiht ist. Auf diesem Grundgedanken baut sich das Stück nun auf. Gleich die 1. Scene schlägt vernehmlich den charakterisierenden Accord an:

Akt I. (Ex position). a. Die Oberpriesterin Hildegardis bereitet den kleinen Jacinthus auf seinen Opfertod vor, den er (Scene 1–2) erleiden müsse, da sein Vater die heilige Irmin-Säule beleidigt habe. Sie belehrt ihn über das Leben

nach dem Tode (Seelenwanderung). Die Frage des Kleinen, was dann aus dem Oberpriester nach dessen Tode werden würde, der doch so viele unschuldige Leute habe verbrennen lassen, giebt Hildegardis Veranlassung, sich über ihre Stellung zu dieser grausamen Sitte auszusprechen. Sie gesteht in einer Rede ad spectatores, daß sie selbst nicht glauben kann, das durch das Blut eines unschuldigen Kindleins der Gottheit gedienet sein könne. Sie sei von zarter Kindheit an bei dieser Gottheit erzogen worden; aber jedesmal habe ihr bei den mehr als 100 Exekutionen das Herz geklopfet. Sie wolle jedoch ihrer Religion treu bleiben. Gäbe es eine höhere Gottheit, so werde sie sich schon einmal offenbaren. Indessen will sie den Knaben allein lassen und ihm so Gelegenheit geben zu entfliehen.

Der Versuch wird auch gemacht, aber von zwei Offizieren von der Besatzung der Ehresburg vereitelt.

b. Zwei Ritter, Harald und Wigbert, auf der Flucht begriffen nach einer Schlacht, die Wittekind (Scene 3-6)

gegen die Franken verloren, finden es unbegreiflich, daß die Franken nun schon mehrere Jahre lang einen Sieg nach dem andern erringen. Entweder haben sie einen stärkeren Gott, oder die Irmin-Säule zürnt den Sachsen. Auf Harald hat der unerschrockene Mut der christlichen Märtyrer einen großen Eindruck gemacht. Wigbert hat in der Bibel mehr Trost gefunden, als in der ganzen sächsischen Religion. Sie wollen nun ihr weiteres Schicksal dem Zufall überlassen, wissen sie doch beide nichts Genaues über ihre Herkunft. Harald ist als zarter Knabe an einen friesischen Schäfer verkauft worden, Wigberts Heimat ist Dänemark.

Da stürzt Rotrudis atemlos auf sie zu und Meht sie um Hilfe an. Sie hat sich verirrt und ist im heiligen Gebiete der Irmin-Säule von zwei Soldaten ergriffen worden. Die Ritter befreien die Unbekannte aus den Händen der rohen Kriegsknechte und überliefern sie dann den herbeieilenden Generälen Karls des Großen, nachdem Rotrudis den drohenden Kampf glücklich verhindert und ihren Rettern ihr Brustbild zum Dank übergeben. Aus der Umschrift erkennen die beiden, wen sie gerettet haben. Harald ist tief ergriffen von der Schönheit des Mädchens. (Sie ziehen

sich zurück.)

c. Komische Scenen zwischen Circe, der Kehrfrau im Heiligtum der Irmin-Säule, die ihren Geldtopf (Scene 7–8) vergräbt und den Diebssegen darüber spricht, und Arctophylax, dem Bärenhüter, der dies mit

angesehen hat und den Schatz hervorholt, aber infolge des Diebssegens sich festgebannt fühlt.

Nur dadurch, daß er die alte Vettel dreimal herzt, kommt er los.

d. Wittekind und Albion, ein sächsischer Prinz, kommen, um die Allwissenheit der Irmin-Säule zu (Scene 9—10) prüfen. Es ist ihnen unfaßlich, daß trotz all ihrer Bemühungen das Christentum immer weitere

Fortschritte macht. Auch muß Albion gestehen, daß ihm, dem sonst so furchtlosen Helden, allemal ler Mut sinke, wenn es gegen die Christen gehe. Die Mittelscene öffnet sich; man erblickt Arminins und vier Opferpriester, welche die Kommenden nach ihrem Begehren fragen und sie dann nach allerlei Weiheformeln zur Irmin - Säule führen. Vor dieser geben sich die beiden als Abgesandte Wittekinds aus und fragen nach dem Ausgang des Religionskrieges. Die Gottheit aber redet sie Wittekind und Albion an und verkündet dem bestürzten Sachsenkönig die Ursache der Niederlagen. Sein Sohn Wigbert sei nicht als Kind gestorben, sondern lebe und zweifle schon lange an ilirer göttlichen Allmacht. Jetzt sei er sogar zum Christentum übergetreten. Ihn müsse der Vater umbringen und so die Gottheit versöhnen. Er werde ihn mit einem andern Ritter unter einem Baum dieses heiligen Haines schlafend finden. Mit dem Schwert, mit dem er seinen Sohn ermordet, werde er auch Karl besiegen.

Akt II. a. Der blinde Clodoald, ein dänischer Prinz, Vater des Jacinthus, kommt, von einem Knaben geführt, (Scene 1–4) heran und beklagt (ad spectatores) sein Geschick. Zwei Kinder habe er in zarter Jugend verloren:

Harald sei ihm als kleiner Knabe entführt worden und seine Tochter Hildegard sei auf einer Reise mit ihrer Amme unter die Mörder geraten. Nun solle er den einzigen Sohn, der ihm noch geblieben, auch hergeben. Harald und Wigbert treten heran und fragen ihn teilnelimend nach seinem Kummer. Er erzählt ihnen, dass er im heiligen Walde unwissend eine Sau erlegt habe und deshalb von der erzärnten Gottheit mit Blindheit geschlagen worden sei. Nun solle sein jüngster Sohn verbrannt werden, um den Frevel zu sühnen. (Erregendes Moment.) Wigbert und Harald freuen sich, Gelegenheit zu haben, ihren Eifer für die neue Religion, der sie sich zugewandt haben, durch eine kühne That beweisen zu können; sie versprechen dem Vater ilire Hilfe und beraten, wie sie am besten Jacinthus befreien können. (1. Stufe der Steigerung.) In der kommenden Nacht wollen sie ihr Vorhaben ausführen und legen sich deshalb, um sich zuvor durch Schlaf zu stärken, im Walde zur Ruhe nieder. Harald aber findet zunächst keinen Schlummer. Das Bild der königlichen Jungfrau

Page 25

. gesucht, nemlich den Geschmack meiner Landes-Leute in der Sprache und Schreib - Ahrt zu verbessern. Die Wercke unserer Nation sind gelehrt und bündig. Unsern Schrift-Stellern fehlet es weder an Nerven noch Muskeln; aber es gibt eine gewisse Zärtlichkeit und Lebhaftigkeit in den Minen so wol als Lineamenten, welche die wenigsten derselben kennen, oder so anzubringen wissen, dass sie ihre Wercke dadurch völlig ausarbeiten sollten. Überhaupt haben wir Verstand genug, und scheinen die kleinen Zierrahten der Rede-Kunst nicht eben zu achten, auch uns mehr Mühe zu geben, dass die Welt sehe, wie manche Sprache wir besitzen, als nur in einer derselben gehörig zu schreiben. Ein Teutscher muss itzund Französisch, Lateinisch und Jtaliänisch verstehen, um ein Buch in seiner Mutter-Sprache lesen zu können. Ich habe mich aber auf alle Weise bestrebt, durch eine sorgfältige Reinlichkeit und edle Simplicität in der Beredtsamkeit diesen verwehnten Geschmack zu bessern, dem bisherigen gelehrten Mischmasch entgegen, der eine Pest unserer Sprache ist und durch viele bunte Flecken in unsern Büchern sich schon längst geäussert hat. - Die Haupt-Sache aber, so ich allezeit vor Augen gehabt, ist diese, daß ich meiner Mit - Bürger Sitten und Betragen bessern, die Tugend angenehm, das Laster hingegen scheusslich machen mögte“.

Als das erste namhafte Werk, das derartige Ziele ins Auge faßte, nennt Biedermann am obigen Orte S. 439 ,,Die Discourse der Mahlern“, welche Zürich 1721 bei Joseph Lindinner erschienen und von einer Societät herausgegeben wurden, die „nicht blos durch die ganze Schweiz, sondern auch darüber hinaus verbreitet war“ '). Wie bekannt, standen an der Spitze dieser Societät die späteren Häupter der schweizerischen Dichterschule, Bodmer?) und Breitinger. Aus der Litteraturgeschichte von Gervinus ?) kenut zwar Biedermann noch die Namen von zwei früher erschienenen moralischen Wochenschriften, nämlich des Vernünfftlers, der 1713, und der lustigen Fama, die 1718 in Hamburg veröffentlicht wurde, allein, wie

, Gervinus selbst, weiß auch er von diesen nichts Näheres; sie scheinen, wie er hinzufügt, wenig bekannt geworden zu sein, wenigstens habe er sie sonst nirgends erwähnt gefunden, während die Discourse und der Patriot häufig angeführt würden.

Gervinus' Angabe beruht wiederum nur auf Gottsched, in dessen Zeitschrift: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit, Leipzig, Jahrgang 1761 S. 829 ff. ein gewisser Beck „ein geschickter Schulmann zu Nürnberg und Mitglied der deutschen Gesellschaft zu Altdorf“ ein „Verzeichniss der in deutscher Sprache herausgekommenen sittlichen Wochenschriften, nach den Jahren eingerichtet“ veröffentlicht hat, das von 1713–1761 reicht und an erster Stelle für 1713 den Vernünfftler, an zweiter für 1718 die lustige Fama aus der närrischen Welt nennt. Wie die Ebengenannten urteilt auch Hettner) über die ersten Hamburger Wochenschriften, von denen er eben nichts weiß, als daß sie erschienen sein sollen; den Vernünfftler nennt er zudem den Vernünftigen, macht über ihre Verbreitung

Page 26

Wie Herr Bickerstaff im Tatler von seiner Halbschwester Fräulein Jenny Distaff in der Herausgabe unterstützt wird, die für ihn schreibt, wenn er verreist oder dringend beschäftigt ist, so steht dem Vernünfftler seine Halbschwester Margarete zur Seite, die z. B. in der Abwesenheit ihres frère, der sich gerade im Billwerder aufhält, die Nummer 23 besorgt. In Nr. 42 teilt uns der Bruder mit, daß Gretchen sich zu verheiraten gedenkt und giebt uns bei dieser Gelegenheit die ganze Geschlechtstafel der Familienglieder von der Zeit Heinrich des Vogelstellers an. In Nr. 26 wendet sich der Verfasser an seinen Leserkreis und empfiehlt

. „seine Speculationes, die vielleicht übers Jahr mehr gelten werden, als jetzt, allen woleingerichteten Familien, die des Morgens eine Stunde zum Thee und Butterbrodt anwenden, da es doch entschieden vernünftiger sei, sich selbst kennen zu lernen, als zu hören, was in Moskau oder Polen vorgehe.“ „Nechst diesem,“ fährt er fort, „will ich meine Arbeit solchen Leuten bestens recommendiren, die in der Welt sonst nichts zu thun haben, als dass sie zusehen. In diese Classe gehören alle theoretische Kauff- und Handels-Herren aulle Doctores titulares, Advocaten, die eben nicht zanksüchtig sind, und Staats-Leute, die keine Affairen haben. Kurtz, es gehöret hierher ein jeder, der die Welt als eine Schau-Bühne betrachtet und gerne einen rechten Gout von den agirenden Persohnen haben wolte. Zuletzt und ganz besonders empfiehlt sich der Verfasser der weiblichen Welt, damit diese durch das Lesen von schlechten Verrichtungen abgezogen werde und dann und wann in ein nützliches Nachdenken gerate. Dieses Bemühen gerade, auf das weibliche Geschlecht einzuwirken, ist allen moralischen Wochenschriften eigen, nachdem die englischen darin vorangegangen waren.

Daß bei der großen Abhängigkeit unserer Wochenschrift von den genannten englischen ähnliche oder gleiche Themata behandelt werden, ist selbstverständlich. In politische Angelegenheiten erklärt der Verfasser sich nicht zu mengen (Nr. 66), trotzdem wird auf politische Ereignisse wiederholt Rücksicht genommen. Gleich in der ersten Nummer, welche außer dem obenangeführten Vorbericht noch eine kleine Erzählung bringt, durch welche bewiesen wird, dass auch bey geringen Leuten Proben einer ungemeinen Grossmuht hervorleuchten“, spielt die Erzählung , bey der von den Alliirten angestellten Namurischen Belägerung“. In Nr. 27

. hören wir, daß Landau über ist, in Nr. 66 heißt es: ,,Obgleich nichts so sehr gewünschet werden solte, als ein sicherer und ehrlicher General-Friede, so stehet doch zu besorgen, dass der vor einiger Zeit zu Utrecht geschlossene viele übele Folgerungen nach sich ziehen wird, nicht zwar in Ansehung der politischen Sachen, womit ich mich nicht bemenge, sondern was die Sitten anlanget. In Engelland ist man schon gewalır worden, welch' eine Fluht von Bändern und Brocaden das Land überschwemmet hat, und wie das ungereimte Lachen bey gantzen Scheffeln voll ausgespendet wird; derowegen denn schon vorlängst daselbst gewünschet worden, dass eine Parlaments-Acte möchte gemachet werden, die das Einbringen der Frantzösischen Lappereyen verböte. Die weiblichen Einwohner in der Gross-Britannischen Insul haben bereits von den Aeffereyen jener fantastischen Nation starcke Anfechtung wieder bekommen, obgleich der Krieg dieselbe Seuche ziemlich unterdrücket hatte. Wie es

Wie es nun in Engelland hergehet, so wird es wol auch nach Proportion bey uns ablaufen“. Der nordische Frieden wird Nr. 74, die Schlacht von Gadebusch (20. December 1712) Nr. 21 erwähnt. – Sehr häufig wird auf das Altertum zurückgegriffen und namentlich auf römische Schriftsteller hingewiesen. Abgesehen davon, das das an der Spitze jeder Nummer stehende Motto, welches bis auf Nr. 101 immer lateinisch ist. vorwiegend aus klassischen Schriftstellern des Altertums gewählt ist, dasselbe ist der Fall in den Discoursen und im Patrioten, während die Vernünfftigen Tadlerimen, und die Matrone u. a. deutsche Aussprüche aus Canitz, Günther, Neukirch, Philander von der Linde, von Besser u. a. bringen -- findet auch im Text sehr häufig eine Berücksichtigung des Altertums statt. So wird auf Achill, Hektor und Andromache, Aeneas, Scipio, Alexander, Pyrrhus, Cato, ja selbst auf den Athenischen Baumeister Nestor (Nr. 46) hingewiesen; Homer wird Nr. 35 und 86, Herodot Nr. 22, Plutarch Nr. 18 berücksichtigt, ebenda Xenophon, dessen auch Nr. 51 Erwähnung gethan wird; Lucian finden wir Nr. 84, Josephus Nr. 59 angeführt. Noch häufiger verweist der Verfasser auf lateinische Schriftsteller oder führt gar Stellen aus ihnen an; Ciceros Rede für den Ligarius begegnet uns Nr. 47, für Milo ebendaselbst mit dem richtigen Zusatz, daß sie „eine der besten Orationen sei, die das Altertum aufzuweisen habe“. Auch Ciceros philosophische Schriften werden berücksichtigt; so die Tusculanae Disputationes Nr. 99, de amicitia Nr. 81; de senectute legt der Verfasser seiner Besprechung in

Postingan terbaru

LIHAT SEMUA