Wann sollte man sich trennen mit Kind

Trennung trotz Kinder: Immer mehr Paare stellen sich die Frage, ob sie sich trotz Kinder trennen sollen, weil sie sich von einander entfernt haben oder es für ihre Kinder durchstehen sollen.

Ich möchte in diesem Beitrag keine generelle Empfehlung aussprechen, vor allem, weil ich glaube, dass es keine gibt. Vielmehr möchte ich auf die Fragen und Sorgen der Partner in Bezug auf die Entwicklung und Beziehung zu ihren Kindern eingehen.

Fragen in Bezug auf den Partner stehen in diesen Situationen seltener im Fokus.

Wie sehr werden die Kinder aufgrund der Trennung leiden?

Als „betroffener“ Vater und aus den Erfahrungen meiner Praxis als Familien- und Paartherapeut kann ich sagen, Kinder leiden immer unter einer Trennung ihrer Eltern, egal ob still oder sichtbar.

Die Leiden sind vielfältig, Kinder fühlen sich fast immer schuldig für die Trennung und das vorausgegangene Leid ihrer Eltern, da sie sich noch nicht getrennt von ihnen wahrnehmen können. Dies können sie erst nach dem „Rubikon“, ein Entwicklungsschritt, den Kinder um das 9.- 10. Lebensjahr vollziehen und ab dem sie sich als eigenständige Menschen wahrnehmen können. Danach können sie die Verantwortung für die Schwierigkeiten ihrer Eltern zumindest teilweise bei ihren Eltern lassen.

Sie fühlen sich bei Streitereien als auch bei einer Trennung so gut wie immer zwischen den Stühlen stehend. Auch wenn Kinder ihre beiden Elternteile lieben, besteht nicht selten eine engere Bindung zu einem Elternteil, was ihre „unschuldige“ Seele besonders schwer belastet. Bei einem Streit, fühlen sie sich in einem Loyalitätskonflikt „zu wem soll / muss ich jetzt stehen“.

Wie sehr leiden die Kinder unter der Beziehung ihrer Eltern?

Eine entscheidende Frage, die sich Eltern stellen sollten, lautet: wie sehr ihre Kinder in der aktuellen Situation leiden. Die Schwierigkeiten ihrer Eltern bekommen sie mehr mit, als sich die allermeisten Eltern vorstellen können und dass auch dann, wenn sie deren Streits nicht direkt mitbekommen.

Sie spüren vor allem die Emotionen, nehmen das veränderte Eltern- und Familienleben sowie die veränderte Körperhaltung und Mimik wahr. Je nachdem wie offensichtlich die Beziehungsprobleme der Eltern sind, ist es nicht selten, dass sie immer wieder in eine Hab-Acht-Stellung fallen und nur darauf warten, wann der nächste Streit los geht oder auch eskaliert.

Dies blockiert sehr häufig eine geborgene und vertrauensvolle Entwicklung ihrer Kinder.

Die Chancen einer Trennung

Auch wenn sich fast alle Kinder wünschen, dass ihre Eltern nach einer Trennung wieder zusammenkommen, freuen sie sich auch, wenn ihre Eltern nach einer Trennung entspannter sind. Ebenso bieten neue Partner der Eltern die Chance, eine glückliche Beziehung und die dazugehörigen Verhaltensweisen kennenzulernen. Die wichtigsten Verhaltensmustern sind Wertschätzung, Vertrauen, Empathie, die Fähigkeit zu vergeben und viele mehr.

Trennung trotz Kinder und deren möglichen Prägungen und Leiden

Negative Prägungen

Die Beziehung der Eltern ist die Vorlage für die späteren Beziehungen ihrer Kinder. So kommt es häufig vor, dass sich die Beziehungsprobleme der Eltern bei ihren Kindern wiederholen. Typische Beziehungsmuster sind Untreue, Gewalt, viele laute Streitigkeiten, sowie nicht ausgedrückte Meinungsverschiedenheiten, nebeneinanderher leben bzw. sich nicht einlassen/vertrauen zu können.

Positive Prägungen

Nicht nur die ersten, sondern auch spätere Beziehungen ihrer Eltern stellen Blaupausen für ihre eigenen Beziehungen im  Jugend- und vor allem im Erwachsenenalter dar. Die Kinder haben bei beiden Elternteilen die Chance zu erfahren, wie es denen besser geht, wenn sie nicht zusammenleben. Kinder wünschen sich das ihre Eltern „glücklich“ sind, noch mehr, als dass ihre Eltern zusammenleben. Auch wenn es in der heutigen Zeit nichts ungewöhnliches mehr ist sich scheiden zu lassen, war es vor 25 Jahren für viele Eltern noch immer ein No-Go. Und wenn die Eltern es schaffen nach einer Trennung wieder glücklich zu werden, fällt es ihren Kindern leichter diese Option für sich zu treffen.

Trotz Trennung Eltern bleiben

Auch wenn wir uns trennen, bleiben wir unser Leben lang Eltern unserer Kinder. Dafür ist es wichtig, dass wir uns so friedvoll wie möglich scheiden. Dies setzt voraus, dass wir uns unseren Teil für die Probleme anschauen und die Verantwortung dafür übernehmen.

Ansonsten werden wir die Persönlichkeitsanteile, die wir an unserem PartnerIn verurteilten, auf unsere Kinder übertragen, denn sie besitzen zu 100% die Eigenschaften ihrer Mütter und Väter.

Fazit: An einer Beziehung und an sich arbeiten

Die Schwierigkeiten, die sich vor allem in engen Beziehungen auftuen, weißen uns daraufhin, dass wir da etwas verurteilen. In der Regel sind es Urteile, die wir von unseren Eltern häufig in Bezug auf uns übernommen haben. Unsere Partner (Beziehungen) spiegeln uns unsere Urteile, auf dass wir diese loslassen können und uns immer mehr so annehmen wie wir sind. In diesem Sinne ist „Beziehungsarbeit“ vornehmlich „Arbeit“ an bzw. für uns selbst. Hier ein paar sehr typische Urteile: 

  • Ich bin nicht okay, was soviel heißt, wie ich bin nicht liebenswert, wenn ich soviel Nähe brauche (Klammere)
  • Ich bin nicht liebenswert, wenn ich meine Bedürfnisse (Wünsche) ausdrücke
  • Ich bin nicht liebenswert, wenn ich ausgelassen bin
  • Ich bin nicht liebenswert, wenn ich „zu selbstbewusst bzw. zu stark“ bin 

Alle Probleme bzw. Urteile, die wir in einer Beziehung nicht bearbeiten, bringen nehmen wir mit in die nächsten Beziehungen. Selbst, wenn der neue Partner zu beginn, so vollkommen anders ist. Wir bringen ihn dazu, uns vor die gleichen „Herausforderungen“ zu stellen, die wir in unserer vorherigen Beziehung nicht gelöst haben. Und alle Themen, die wir als Eltern auflösen bzw. heilen, brauchen unsere Kinder nicht mehr auflösen.

Ich wünsche allen betroffenen Paare den Mut sich ihre Urteile anzusehen.

Deva (Paar- und Familientherapeut)

Beitragsfoto: Prostock-Studio / Getty Images

Sobald eine Ehe tief in der Krise steckt, sind getrennte Wege oft die einfachste Lösung, um beiden Partnern wieder ein neues, glücklicheres Leben abseits von Streit, Routine und dauernden Vorwürfen zu ermöglichen. Was sich aber zwischen zwei Personen noch (relativ) einfach gestaltet, wird ungleich schwieriger, wenn Kinder im Spiel sind. Soll man sich dann trotzdem trennen oder muss man Rücksicht auf den gemeinsamen Nachwuchs nehmen, der doch das Recht auf eine intakte Familie hat?

Die wenigsten Eltern machen sich ihre Entscheidung in so einem Fall einfach. Zu kompliziert und verwoben ist die Interessenlage zwischen dem Wohl des Kindes, dem eigenen und dem des (noch-)Partners. In jedem Fall ist eines klar: Selbst wenn die Ehe nicht hält – die Elternschaft bleibt ein Leben lang.

Egal wie sehr man voneinander genervt ist, egal wie sehr man sich langweilt oder vielleicht sogar hasst und verachtet: Seinen Kindern möchte man die heile Welt einer glücklichen Familie nicht entreißen. Zu viel Angst hat man davor, ihnen zu schaden und vielleicht sogar ihre Zukunft zu gefährden. Oft fragt man sich auch, ob es nicht besser ist zu warten, bis die Kinder älter sind und die schlechte Nachricht womöglich besser verkraften können. Und nicht nur in Bezug auf die Kinder wird man von Sorgen geplagt. Auch wegen der eigenen Zukunft gibt es viele Ängste. Muss ich künftig Unterhalt zahlen? Wer bekommt das Sorgerecht? Werde ich mich jetzt ganz allein um das Kind (oder die Kinder) kümmern müssen? Wie finde ich jetzt auf die Schnelle eine Wohnung?

Ganz aus der Luft gegriffen sind diese Ängste natürlich nicht. Kinder leiden unter der Trennung der Eltern. Und auch für die Eltern bricht mit einer Scheidung eine schwierige Zeit an. Zwar spürt ein Kind oft genug, wenn seine Eltern nicht mehr so liebevoll miteinander umgehen wie früher, aber nichtsdestotrotz bricht im „Moment der Wahrheit“ eine Welt zusammen. Aus einer sicheren Einheit zwischen Vater, Mutter und Kind(ern) wird dann plötzlich ein ständiges Pendeln zwischen den Elternteilen oder der Kontakt zu einem Elternteil bricht sogar völlig ab. Für Kinder hat eine Trennung aber dennoch auch ihr Gutes. Immerhin sind nun die unterschwelligen Spannungen zwischen den Eltern Vergangenheit und das Kind hat die Gelegenheit sich offen mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Auch indem es mit Trauer, Wut und Enttäuschung reagiert.

Die Tücken falscher Harmonie

Genau das ist Kindern bei unglücklich zusammenlebenden Eltern nicht möglich. Kinder leiden als Teil einer solchen Familie meist still und trauen sich nicht, die heile Welt, die ihnen mit großen Mühen von ihren Eltern vorgelebt wird, infrage zu stellen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sie sich die lieblose und aufgesetzte Ehe, die sie täglich erleben, zum Vorbild für ihr späteres Leben und ihre zukünftigen Beziehungen nehmen.

Die meisten Kinder merken es nämlich, wenn die vordergründige Harmonie keine ehrliche Basis hat und statt tief empfundenen Emotionen nur noch Belanglosigkeiten und nüchterne Alltagsfloskeln zwischen den Eltern ausgetauscht werden. Und sollte statt einer fadenscheinigen „Harmonie-Maske“ sogar regelmäßiger Streit an der Tagesordnung sein, so wird das Kind erst recht in Mitleidenschaft gezogen. Eine saubere Trennung kann in so einem Fall die bessere Lösung sein.

Ehe ist nicht ewig, Elternschaft schon

Doch auch wenn niemand bestreitet, dass das Wohl der Kinder eine wichtige Rolle spielt, so darf man auch nicht die eigenen Bedürfnisse nicht völlig vergessen. Wer miteinander nicht glücklich ist, sollte nicht allein wegen der Kinder zusammenbleiben. Trotzdem muss man mit einer Trennung nicht leichtfertig sein. Wenn die Ehe nicht total zerrüttet und die gegenseitige Liebe noch vorhanden ist, kann eine Eheberatung ein sinnvoller Schritt sein, um wieder zu einer gemeinsamen Basis zu finden. Manchmal hilft es auch schon, erst mal ein wenig Abstand voneinander zu gewinnen, bevor man zu einer endgültigen Entscheidung findet. Wer alles versucht hat, um seine Ehe zu retten, muss sich auch keine Vorwürfe machen, wenn er sich letztlich doch für eine Trennung entscheidet.

Doch auch nach einer Scheidung gibt es Möglichkeiten sicherzustellen, dass die Kinder weiterhin zwei Elternteile haben. Natürlich ist es schwerer, mit seinem Partner in Erziehungsfragen so zusammenzuarbeiten, als wenn man noch verheiratet wäre und nicht in jedem Fall macht es Sinn, Haus oder Wohnung nach der Trennung als „Erziehungs-WG“ weiterzuführen. Aber trotzdem können beide Partner aktiv daran arbeiten, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder weiter sichergestellt wird. Schon ein vernünftiger Ton und ein zivilisierter Umgang miteinander während und nach der Scheidung kann hier eine gute Basis schaffen und verhindert für Kinder unnötiges Leid. Auch drastische Schritte wie Kontaktverbote sollten gut überlegt sein.

In jedem Fall sollten Kinder nicht in Streitigkeiten reingezogen werden und ihnen sollte immer klargemacht werden, dass sie für die Trennung ihrer Eltern am wenigsten können. Im Gegenteil, denn die Liebe zu ihnen gehört zu den wenigen Dingen, die bei einer Trennung nicht auf dem Prüfstand stehen.