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Drohnen-Führerschein, Risikoklasse, Übergangsregelung: Die seit Anfang 2021 geltende EU-Drohnenverordnung sorgt für Verunsicherung. TechStage zeigt, was die Neuregelung für die aktuell erhältlichen Fluggeräte von DJI, Parrot, Yuneec & Co. bedeutet.
Die neue EU-Drohnenverordnung (2019/947 und 2020/746) mit ihren verschiedenen Anwendungsszenarien, Drohnenklassen und Sonderregeln sorgt sowohl bei Einsteigern als auch Bestandspiloten für Verwirrung. Wir zeigen, was für die im Moment erhältlichen Multicopter gilt und erklären, welche Bedingungen die Piloten erfüllen müssen, um legal Fliegen zu dürfen.
Die EU-Drohnenverordnung (2019/947 und 2020/746) ist seit Anfang 2021 in Kraft. Sie regelt den grundsätzlichen Umgang mit den Fluggeräten. Diese sind zukünftig in fünf Risikoklassen eingeteilt. Die Verordnung definiert allerdings nicht, wo geflogen werden darf. Dies bleibt dem jeweiligen EU-Land vorbehalten. Das sogenannte GEO-System, die Einteilung in nationale Flug- und Flugverbotszonen, sollte erst im Laufe des Jahres 2021 abgeschlossen sein. In Deutschland gelten bis dahin die Vorgaben aus der alten nationalen Drohnenverordnung 2017 (LuftVO §21b), sofern diese nicht in der EU-Verordnung durch anderslautende Vorgaben ersetzt wurden.
Die EU-Richtlinie unterscheidet außerdem die drei verschiedenen Anwendungsszenarien Open, Specific und Certified. Die beiden letzteren Anwendungen betreffen allerdings Spezialanwendungen und kommerziellen Drohnenflug, weshalb für Hobbypiloten nur die Vorgaben der offenen Open-Klasse interessant sind. Und hier gilt immer:
Zusätzlich müssen zusätzlich die bereits geltenden nationalen Vorschriften eingehalten werden. So gilt in Deutschland ein Mindestabstand von 1500 Metern zu Flughäfen. Von Autobahnen, Bundeswasserstraßen, Bahnanlagen, Oberleitungen, Kraftwerken und Unglücksorten muss die Drohne mindestens 100 Meter entfernt sein. Wohngrundstücke dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung des Eigentümers ebenfalls nicht überflogen werden, außer die Drohne wiegt unter 250 Gramm und verfügt über keine Kamera.
Die Privatsphäre muss natürlich ebenfalls immer beachtete werden. Dies ist zwar im Landesgesetz und nicht in der EU-Verordnung verankert, gilt aber natürlich auch für Drohnen-Piloten.
So und nun heißt es genau lesen, denn die offene Klasse ist zudem in drei Unterkategorien und Gewichtsklassen unterteilt. Diese definieren zusätzliche Abstandsvorschriften und sind von der eingesetzten Drohne abhängig. Konkret gibt es die Unterkategorien:
Für alle Bestands-Drohnen mit einem Abfluggewicht zwischen 250 g und 25 kg gilt: Sie dürfen ausschließlich in der Unterkategorie A3, also fernab von Menschen, geflogen werden.
Ergänzend gibt es noch zeitlich befristete Ausnahmeregelungen, die noch bis zum 01. Januar 2023 für Bestands-Drohnen gültig sind:
Drohnen mit einem Gewicht zwischen 250 g und 500 g dürfen bis dahin in der Unterkategorie A1 unterwegs sein und somit in der Nähe von Menschen aufsteigen. Diese Ausnahme gilt beispielsweise für die DJI Mavic Air, Yuneec Breeze (Testbericht) und die Parrot Anafi (Testbericht).
Multicopter mit einer Startmasse zwischen 500 g und 2500 g dürfen bis 2023 mit dem großen EU-Drohnen-Führerschein, dem EU-Fernpiloten-Zeugnis, in der Unterkategorie A2 geflogen werden. Dann sind Flüge in sicherer Entfernung zu Menschen zulässig. Mit der befristeten Ausnahmeregelung mit einem Mindestabstand von 50 m, welcher auch im Langsam-Flug-Modus nicht unterschritten werden darf. Diese Ausnahme gilt beispielsweise für die DJI FPV (Testbericht), DJI Mavic-2-Serie (Testbericht), DJI Mavic Air 2 (Testbericht) und Yuneec Typhoon Q500 (Testbericht). Auch die DJI Phantom-Serie fällt in diese Gewichtsklasse.
Drohnen mit einem Abfluggewicht zwischen 2000 g und 25 kg dürfen bis dahin mit dem kleinen EU-Drohnen-Führerschein, dem EU-Kompetenznachweis, in der Unterkategorie A3 geflogen werden. Sprich, mit viel Abstand zu Menschen. Das Gewicht klassischer FPV- oder Video-Drohnen ist üblicherweise deutlich niedriger. Für alte Selbstbau-Schwergewichte sollten diese Regelung aber auch Hobby-Piloten kennen.
Ab dem 01. Januar 2023 gilt für Bestands-Drohnen ab 250 g immer die Unterkategorie A3.
Für alle verfügbaren Drohnen mit Kameras und Drohnen mit mehr als 250 g Abfluggewicht ist somit mindestens der kleine EU-Drohnen-Führerschein, der EU-Kompetenznachweis A1/ A3 notwendig. Dieser ist kostenlos auf der Homepage des Luftfahrt-Bundesamtes verfügbar.
Um die theoretische Prüfung mit insgesamt 40 Multiple-Choice-Fragen aus neun Fachgebieten zu bestehen, bietet die Seite ein Onlinetraining mit Informationstexten und Erklärvideos an. Werden bei der Prüfung 75 % der Fragen korrekt beantwortet, gilt sie als bestanden. Und keine Angst, sowohl die Übungsaufgaben als auch die Prüfung können problemlos mehrfach absolviert werden. Nach dem erfolgreichen Abschluss, bekommt der Fernpilot seinen Nachweis als PDF-Dokument. Die für die Beschriftung notwendige e-ID, die Registrierungsnummer, wird wenige Tage nach Abgleich der persönlichen Daten, vom Luftfahrt-Bundesamt zugewiesen.
Kurse zum EU-Fernpiloten-Zeugnis gibt es allerdings nicht beim Luftfahrtbundesamt selbst, sondern bei zugelassenen Prüfstellen. Diese verlangen für Kurs und Prüfung zwischen 270 Euro und 350 Euro. Nach erfolgreichem Abschluss wird das digitale Zeugnis beim Luftfahrtbundesamt beantragt. Hier geht es zur Liste der zugelassenen Prüfstellen.
Da viele Prüfer derzeit noch auf ihre Freigabe und Zertifizierung für die Prüfung warten, ist das Angebot derzeit noch sehr überschaubar. Neben einer flächendeckenderen Auswahl hoffen wir zukünftig auf sinkende Preise für das Fernpiloten-Zeugnis.
Obwohl wir die Informationen bereits so gut wie möglich zusammengefasst und möglichst logisch unterteilt haben, gibt es hier noch eine Übersicht, wie die rechtliche Lage für die beliebtesten Video-Drohnen konkret aussieht:
Alle aktuell verfügbaren Video-Copter gelten nach der EU-Drohnenverordnung (2019/947 und 2020/746) als Bestands-Drohnen.
Wer kein Problem damit hat, sein Fluggerät ab 2023 nur in der Unterkategorie A3 (fernab von Menschen) fliegen zu dürfen, kann jede Drohne kaufen und braucht dafür neben einer Modellflugversicherung lediglich den kostenlosen Kenntnisnachweis A1/A3. Bis 2023 kann man zusätzlich mit dem EU-Fernpiloten-Zeugnis auch in der Kategorie A2 (in sicherere Umgebung zu Menschen) fliegen.
Zukünftig bekommen alle Multicopter eine offizielle Risikoklasse zugewiesen, welche dann exakt definiert, wie und wo geflogen werden darf. Stand heute sind allerdings noch keine solchen Drohnen erhältlich. |