Ab wann gilt der Schutz des AGG

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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gilt seit 2006. Mit diesem Gesetz hat Deutschland vier europäische Richtlinien umgesetzt. Das AGG schützt Menschen, die aus bestimmten Gründen Benachteiligungen erfahren.

Antidiskriminierungsmerkmale

Diese Gründe, die man auch Merkmale nennt, sind Benachteiligungen  

  • aus Gründen der ethnischen Herkunft oder aus rassistischen Gründen,
  • wegen des Geschlechts,
  • wegen der Religion oder der Weltanschauung,
  • wegen einer Behinderung,
  • wegen des Alters,
  • wegen der sexuellen Identität.

Das Gesetz verbietet jede Benachteiligung oder Belästigung. Alle genannten Diskriminierungsmerkmale sind gleich schutzwürdig, das heißt: Es ist nicht eines wichtiger als das andere.

Niemand darf wegen eines der genannten Merkmale schlechter gestellt werden als andere in einer vergleichbaren Situation. Nur ausnahmsweise ist dies zulässig, wenn es einen sachlichen Grund dafür gibt. Dies muss man für jeden Fall gesondert prüfen.

Das AGG nennt konkrete Gründe, nach denen eine Ungleichbehandlung zulässig ist. Darüber hinaus kann es andere sachliche Gründe geben, wie die Vermeidung von Gefahren oder den Schutz der Intimsphäre.

Außerdem gibt es Ungleichbehandlungen, die nach anderen Vorschriften zulässig sind, zum Beispiel nach den Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes.

Anwendungsbereiche

Das Gesetz schützt vor Benachteiligungen im Arbeits- und im Zivilrecht: Einerseits im Berufsleben, andererseits zum Beispiel bei Alltagsgeschäften oder der Vermietung von Wohnungen.

Schutz vor Diskriminierung

Das AGG gilt in allen Bereichen, die mit dem Arbeitsleben zusammenhängen:

  • Bewerbung,
  • Arbeitsvertrag,
  • Weiterbildung,
  • Mitgliedschaft in einer Arbeitnehmervereinigung und
  • Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Jede Benachteiligung aufgrund eines Diskriminierungsmerkmals ist unzulässig. Aber: Wenn ein sachlicher Grund vorliegt, kann eine unterschiedliche Behandlung ausnahmsweise zulässig sein.

Beispiel: Eines der Merkmale muss bei der Besetzung einer Stelle zwingend vorliegen.

Ansprüche bei Diskriminierung

Wer im Berufsleben eine verbotene Benachteiligung erlebt hat, kann Ansprüche gegen den Betrieb haben. Möglich sind:

  • Anspruch auf Schadensersatz = Ausgleich des finanziellen Schadens
  • Anspruch auf Entschädigung = Ausgleich des immateriellen, also nicht finanziellen Schadens

Wichtige Fristen

Wenn Sie Zweifel haben, ob und wann Sie handeln sollen: Lassen Sie sich frühzeitig beraten!

Für Ihre Ansprüche gelten kurze Fristen: Teilen Sie Ihre Ansprüche dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin zwingend innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall schriftlich mit.

Falls Sie Klage einreichen möchten, haben Sie dazu ab dieser Mitteilung drei Monate Zeit.

Schutz vor Diskriminierung

Im Alltag schützt das AGG bei sogenannten Massengeschäften. Darunter versteht man Geschäfte, die alle Menschen zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen abschließen können.  

Beispiele: Einkaufe im Supermarkt, Vermietung von Hotelzimmern, Besuch von Musikclubs.

Außerdem gilt der gesetzliche Schutz bei privatrechtlichen Versicherungen.

Auch hier sind Ausnahmen von der Gleichbehandlung nur zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.

Beispiel: Durch die Ungleichbehandlung vermeidet man Gefahren.

Ansprüche bei Diskriminierung

Wer im Alltag eine verbotene Benachteiligung erlebt, kann außer Schadensersatz oder Entschädigung auch Beseitigung oder Unterlassung fordern.

Wichtige Fristen

Es gelten kurze Fristen:
Machen Sie Ihre Ansprüche innerhalb von zwei Monaten nach dem Vorfall am besten schriftlich geltend. Wenden Sie sich an die Stelle, durch die Sie sich diskriminiert fühlen.

Falls Sie Klage einreichen wollen, haben Sie dazu etwas mehr Zeit: Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuchs, also drei Jahre. 

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über Urteile zum Diskriminierungsschutz.

Ethnische Herkunft

Zivilrecht

Freizeit: Einlass in eine Diskothek

OLG Stuttgart, Urteil v. 12.12. 2011 – 10 U 106/11

Der Kläger hatte Ersatzansprüche gegenüber einer Diskothek geltend gemacht, nachdem er von einer Sicherheitskraft wegen seiner schwarzen Hautfarbe und seines Geschlechts abgewiesen wurde.
Das Oberlandesgericht hat eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft und des Geschlechts bejaht. Die Abweisung stellt eine Demütigung aufgrund der Hautfarbe dar, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG) des Klägers verletzt. Da die Beklagte keinen rechtfertigenden sachlichen Grund für die Benachteiligung vorgetragen hat, wurde dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe der geschätzten Tageseinnahmen (hier: 900 Euro) zugesprochen.

Arbeitsrecht

Sprachliche Anforderungen: Stellenvoraussetzung „Sehr gute Deutschkenntnisse“

LAG Nürnberg, Urteil vom 05.10.2011 – 2 Sa 171/11

Die Klägerin war russischer Herkunft. Sie hatte sich auf eine Stellenanzeige einer Softwareentwicklungsfirma beworben. In dieser wurde als Anstellungsvoraussetzung u.a. „sehr gutes Deutsch“ verlangt. Nachdem die Klägerin nicht eingestellt wurde, sah sie sich wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt. Sie hatte geltend gemacht, dass für Softwarefachleute keine sehr guten Deutschkenntnisse erforderlich seien, da die Fachsprache weitgehend aus speziellen –  meist englischen – Fachausdrücken bestehe. Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass das verwendete Kriterium „sehr gutes Deutsch“ im Anforderungsprofil nicht auf die ethnische Herkunft abstellt, sondern einen Grad der Beherrschung einer Sprache. Sehr gute Deutschkenntnisse können unabhängig von der ethnischen Herkunft erworben werden, sodass hier kein Indiz für eine Diskriminierung vorlag.

Geschlecht

Arbeitsrecht

Außerordentliche Kündigung wegen sexueller Belästigung

BAG, Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10

Ein Betrieb hat bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot, zu denen auch sexuelle Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 3 AGG gehören, „im Einzelfall die geeigneten, erforderlichen und angemessenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen – wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung – zu ergreifen“. Daher könne er einem Mitarbeiter, der seine Kolleginnen verbal belästigt und auch noch handgreiflich wird, fristlos kündigen, entschied das BAG in seinem Urteil. Da der Kläger bereits zuvor wegen sexueller Belästigung abgemahnt worden war, müsse das Unternehmen davon ausgehen, dass es auch in Zukunft zu ähnlichen Vorfällen kommen könne. Daher sei dem Kläger zu Recht gekündigt worden.

Alter

Arbeitsrecht

Stellenausschreibung „Junges Team“

LAG Hamburg, Urteil vom 23.06.2010 – 5 Sa 14/10

Leitsatz:

„Das Merkmal ‚junges Team‛ in einer Stellenanzeige stellt auch dann, wenn es unter der Überschrift ‚Wir bieten Ihnen‛ erfolgt, einen Verstoß gegen §§ 7 und 11 AGG dar und kann wegen Altersdiskriminierung einen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG auslösen.“

Sexuelle Identität

Arbeitsrecht

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.04.2012 – 4 S 1773/09
„Witwergeld für den hinterbliebenen Lebenspartner eines Beamten“

Leitsatz:
„Nach dem Tod eines Beamten hat der hinterbliebene Lebenspartner, der mit dem Beamten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt hat, jedenfalls seit dem 01.01.2005 (insoweit offengelassen von BVerwG, Urteil vom 28.10.2010 – 2 C 47.09) einen unionsrechtlich begründeten Anspruch auf Leistungen der Hinterbliebenenversorgung (hier: Witwergeld) wie der hinterbliebene Ehepartner eines Beamten.“

Weitere Entscheidungen deutscher Gerichte und des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) finden Sie auf der Seite der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Hinweis: Die dargestellten Urteile stellen einen Ausschnitt aus der Rechtsprechung zum AGG ohne Anspruch auf Vollständigkeit dar. Die Informationen auf diesen Seiten ersetzen nicht die individuelle Beratung.